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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

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nen und einförmigen Schritt, und alles was
sich darin bewegte und erneuerte, war gerade
das, was niemanden einigen Genuß gab.

Ein ganz entgegengesetztes Leben führte
der alte Werner in einem dunkeln und fin¬
stern Hause. Hatte er seine Geschäfte in der
engen Schreibstube am uralten Pulte vollen¬
det; so wollte er gut essen, und wo möglich
noch besser trinken, auch konnte er das Gute
nicht allein genießen: neben seiner Familie
mußte er seine Freunde, alle Fremde, die nur
mit seinem Hause in einiger Verbindung
standen, immer bey Tische sehen, seine Stüh¬
le waren uralt, aber er lud täglich jemanden
ein, darauf zu sitzen. Die guten Speisen
zogen die Aufmerksamkeit der Gäste auf sich,
und niemand bemerkte, daß sie in gemeinem
Geschirr aufgetragen wurden. Sein Keller
hielt nicht viel Wein, aber der ausgetrunke¬
ne ward gewöhnlich durch einen bessern ersetzt.

nen und einförmigen Schritt, und alles was
ſich darin bewegte und erneuerte, war gerade
das, was niemanden einigen Genuß gab.

Ein ganz entgegengeſetztes Leben führte
der alte Werner in einem dunkeln und fin¬
ſtern Hauſe. Hatte er ſeine Geſchäfte in der
engen Schreibſtube am uralten Pulte vollen¬
det; ſo wollte er gut eſſen, und wo möglich
noch beſſer trinken, auch konnte er das Gute
nicht allein genießen: neben ſeiner Familie
mußte er ſeine Freunde, alle Fremde, die nur
mit ſeinem Hauſe in einiger Verbindung
ſtanden, immer bey Tiſche ſehen, ſeine Stüh¬
le waren uralt, aber er lud täglich jemanden
ein, darauf zu ſitzen. Die guten Speiſen
zogen die Aufmerkſamkeit der Gäſte auf ſich,
und niemand bemerkte, daß ſie in gemeinem
Geſchirr aufgetragen wurden. Sein Keller
hielt nicht viel Wein, aber der ausgetrunke¬
ne ward gewöhnlich durch einen beſſern erſetzt.

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[92/0100] nen und einförmigen Schritt, und alles was ſich darin bewegte und erneuerte, war gerade das, was niemanden einigen Genuß gab. Ein ganz entgegengeſetztes Leben führte der alte Werner in einem dunkeln und fin¬ ſtern Hauſe. Hatte er ſeine Geſchäfte in der engen Schreibſtube am uralten Pulte vollen¬ det; ſo wollte er gut eſſen, und wo möglich noch beſſer trinken, auch konnte er das Gute nicht allein genießen: neben ſeiner Familie mußte er ſeine Freunde, alle Fremde, die nur mit ſeinem Hauſe in einiger Verbindung ſtanden, immer bey Tiſche ſehen, ſeine Stüh¬ le waren uralt, aber er lud täglich jemanden ein, darauf zu ſitzen. Die guten Speiſen zogen die Aufmerkſamkeit der Gäſte auf ſich, und niemand bemerkte, daß ſie in gemeinem Geſchirr aufgetragen wurden. Sein Keller hielt nicht viel Wein, aber der ausgetrunke¬ ne ward gewöhnlich durch einen beſſern erſetzt.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/100>, abgerufen am 28.11.2024.