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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

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nehme Gestalt, eine wohlklingende Stimme,
ein gefühlvolles Herz! können Schauspieler
besser ausgestattet seyn? Kann ich Ihnen
mit einigen Empfehlungen dienen, so wird
es mir viel Freude machen.

Ich danke Ihnen von Herzen, versetzte
der andere; aber ich werde wohl schwerlich
davon Gebrauch machen können, denn ich
denke, wo möglich, nicht auf das Theater
zurück zu kehren.

Daran thun Sie sehr übel, sagte Wil¬
helm nach einer Pause, in welcher er sich
von seinem Erstaunen erholt hatte, denn er
dachte nicht anders, als daß der Schauspie¬
ler, so bald er mit seiner jungen Gattin be¬
freyt worden, das Theater aufsuchen werde.
Es schien ihm eben so natürlich und noth¬
wendig, als daß der Frosch das Wasser
sucht. Nicht einen Augenblick hatte er dar¬
an gezweifelt, und mußte nun zu seinem Er¬
staunen das Gegentheil erfahren.

nehme Geſtalt, eine wohlklingende Stimme,
ein gefühlvolles Herz! können Schauſpieler
beſſer ausgeſtattet ſeyn? Kann ich Ihnen
mit einigen Empfehlungen dienen, ſo wird
es mir viel Freude machen.

Ich danke Ihnen von Herzen, verſetzte
der andere; aber ich werde wohl ſchwerlich
davon Gebrauch machen können, denn ich
denke, wo möglich, nicht auf das Theater
zurück zu kehren.

Daran thun Sie ſehr übel, ſagte Wil¬
helm nach einer Pauſe, in welcher er ſich
von ſeinem Erſtaunen erholt hatte, denn er
dachte nicht anders, als daß der Schauſpie¬
ler, ſo bald er mit ſeiner jungen Gattin be¬
freyt worden, das Theater aufſuchen werde.
Es ſchien ihm eben ſo natürlich und noth¬
wendig, als daß der Froſch das Waſſer
ſucht. Nicht einen Augenblick hatte er dar¬
an gezweifelt, und mußte nun zu ſeinem Er¬
ſtaunen das Gegentheil erfahren.

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[123/0131] nehme Geſtalt, eine wohlklingende Stimme, ein gefühlvolles Herz! können Schauſpieler beſſer ausgeſtattet ſeyn? Kann ich Ihnen mit einigen Empfehlungen dienen, ſo wird es mir viel Freude machen. Ich danke Ihnen von Herzen, verſetzte der andere; aber ich werde wohl ſchwerlich davon Gebrauch machen können, denn ich denke, wo möglich, nicht auf das Theater zurück zu kehren. Daran thun Sie ſehr übel, ſagte Wil¬ helm nach einer Pauſe, in welcher er ſich von ſeinem Erſtaunen erholt hatte, denn er dachte nicht anders, als daß der Schauſpie¬ ler, ſo bald er mit ſeiner jungen Gattin be¬ freyt worden, das Theater aufſuchen werde. Es ſchien ihm eben ſo natürlich und noth¬ wendig, als daß der Froſch das Waſſer ſucht. Nicht einen Augenblick hatte er dar¬ an gezweifelt, und mußte nun zu ſeinem Er¬ ſtaunen das Gegentheil erfahren.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/131>, abgerufen am 25.11.2024.