ne Kraft ihn aufzublasen, in deinem eignen Herzen keinen Reichthum, um dem erweckten Nahrung zu geben. Der Hunger treibt dich, die Unbequemlichkeiten sind dir zuwider, und es ist dir verborgen, daß in jedem Stande diese Feinde lauren, die nur mit Freudigkeit und Gleichmuth zu überwinden sind. Du thust wohl, dich in jene Gränzen einer ge¬ meinen Stelle zu sehnen; denn welche wür¬ dest du wohl ausfüllen, die Geist und Muth verlangt? Gieb einem Soldaten, einem Staatsmanne, einem Geistlichen deine Ge¬ sinnungen, und mit eben so viel Recht wird er sich über das Kümmerliche seines Standes beschweren können. Ja, hat es nicht sogar Menschen gegeben, die von allem Lebensge¬ fühl so ganz verlassen waren, daß sie das ganze Leben und Wesen der Sterblichen für ein Nichts, für ein kummervolles und staub¬ gleiches Daseyn erklärt haben? Regten sich
W. Meisters Lehrj. J
ne Kraft ihn aufzublaſen, in deinem eignen Herzen keinen Reichthum, um dem erweckten Nahrung zu geben. Der Hunger treibt dich, die Unbequemlichkeiten ſind dir zuwider, und es iſt dir verborgen, daß in jedem Stande dieſe Feinde lauren, die nur mit Freudigkeit und Gleichmuth zu überwinden ſind. Du thuſt wohl, dich in jene Gränzen einer ge¬ meinen Stelle zu ſehnen; denn welche wür¬ deſt du wohl ausfüllen, die Geiſt und Muth verlangt? Gieb einem Soldaten, einem Staatsmanne, einem Geiſtlichen deine Ge¬ ſinnungen, und mit eben ſo viel Recht wird er ſich über das Kümmerliche ſeines Standes beſchweren können. Ja, hat es nicht ſogar Menſchen gegeben, die von allem Lebensge¬ fühl ſo ganz verlaſſen waren, daß ſie das ganze Leben und Weſen der Sterblichen für ein Nichts, für ein kummervolles und ſtaub¬ gleiches Daſeyn erklärt haben? Regten ſich
W. Meiſters Lehrj. J
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ne Kraft ihn aufzublaſen, in deinem eignen
Herzen keinen Reichthum, um dem erweckten
Nahrung zu geben. Der Hunger treibt dich,
die Unbequemlichkeiten ſind dir zuwider, und
es iſt dir verborgen, daß in jedem Stande
dieſe Feinde lauren, die nur mit Freudigkeit
und Gleichmuth zu überwinden ſind. Du
thuſt wohl, dich in jene Gränzen einer ge¬
meinen Stelle zu ſehnen; denn welche wür¬
deſt du wohl ausfüllen, die Geiſt und Muth
verlangt? Gieb einem Soldaten, einem
Staatsmanne, einem Geiſtlichen deine Ge¬
ſinnungen, und mit eben ſo viel Recht wird
er ſich über das Kümmerliche ſeines Standes
beſchweren können. Ja, hat es nicht ſogar
Menſchen gegeben, die von allem Lebensge¬
fühl ſo ganz verlaſſen waren, daß ſie das
ganze Leben und Weſen der Sterblichen für
ein Nichts, für ein kummervolles und ſtaub¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/137>, abgerufen am 25.11.2024.
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