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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

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Speculationen sind ihnen wohl geglückt; sie
haben in diesen zwölf Jahren ihr Vermögen
sehr vermehrt, und sind beide nur desto hef¬
tiger auf den Erwerb gestellt; auch hat der
alte Werner einen Sohn, der sich viel besser
zu diesem Handwerke schickt, als ich.

Es thut mir leid, daß dieser Ort eine
solche Zierde verloren hat, als das Cabinet
Ihres Großvaters war. Ich sah es noch
kurz vorher, ehe es verkauft wurde, und ich
darf wohl sagen, ich war Ursache, daß der
Kauf zu Stande kam. Ein reicher Edel¬
mann, ein großer Liebhaber, der aber bey so
einem wichtigen Handel sich nicht allein auf
sein eigen Urtheil verließ, hatte mich hierher
geschickt, und verlangte meinen Rath. Sechs
Tage besah ich das Cabinet, und am sieben¬
ten rieth ich meinem Freunde, die ganze ge¬
forderte Summe ohne Anstand zu bezahlen.
Sie waren als ein munterer Knabe oft um

Speculationen ſind ihnen wohl geglückt; ſie
haben in dieſen zwölf Jahren ihr Vermögen
ſehr vermehrt, und ſind beide nur deſto hef¬
tiger auf den Erwerb geſtellt; auch hat der
alte Werner einen Sohn, der ſich viel beſſer
zu dieſem Handwerke ſchickt, als ich.

Es thut mir leid, daß dieſer Ort eine
ſolche Zierde verloren hat, als das Cabinet
Ihres Großvaters war. Ich ſah es noch
kurz vorher, ehe es verkauft wurde, und ich
darf wohl ſagen, ich war Urſache, daß der
Kauf zu Stande kam. Ein reicher Edel¬
mann, ein großer Liebhaber, der aber bey ſo
einem wichtigen Handel ſich nicht allein auf
ſein eigen Urtheil verließ, hatte mich hierher
geſchickt, und verlangte meinen Rath. Sechs
Tage beſah ich das Cabinet, und am ſieben¬
ten rieth ich meinem Freunde, die ganze ge¬
forderte Summe ohne Anſtand zu bezahlen.
Sie waren als ein munterer Knabe oft um

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[167/0175] Speculationen ſind ihnen wohl geglückt; ſie haben in dieſen zwölf Jahren ihr Vermögen ſehr vermehrt, und ſind beide nur deſto hef¬ tiger auf den Erwerb geſtellt; auch hat der alte Werner einen Sohn, der ſich viel beſſer zu dieſem Handwerke ſchickt, als ich. Es thut mir leid, daß dieſer Ort eine ſolche Zierde verloren hat, als das Cabinet Ihres Großvaters war. Ich ſah es noch kurz vorher, ehe es verkauft wurde, und ich darf wohl ſagen, ich war Urſache, daß der Kauf zu Stande kam. Ein reicher Edel¬ mann, ein großer Liebhaber, der aber bey ſo einem wichtigen Handel ſich nicht allein auf ſein eigen Urtheil verließ, hatte mich hierher geſchickt, und verlangte meinen Rath. Sechs Tage beſah ich das Cabinet, und am ſieben¬ ten rieth ich meinem Freunde, die ganze ge¬ forderte Summe ohne Anſtand zu bezahlen. Sie waren als ein munterer Knabe oft um

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/175>, abgerufen am 23.11.2024.