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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

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rieth mit dem Geistlichen, wie wir ihn, sei¬
nem Aussehn und seiner Rolle nach, nennen
wollen, auf dem Spatziergange bald in ein
interessantes Gespräch.

Ich finde diese Übung, sagte der Unbe¬
kannte, unter Schauspielern, ja in Gesell¬
schaft von Freunden und Bekannten, sehr
nützlich. Es ist die beste Art, die Menschen
aus sich heraus und durch einen Umweg wie¬
der in sich hinein zu führen. Es sollte bey
jeder Truppe eingeführt seyn, daß sie sich
manchmal auf diese Weise üben müßte, und
das Publikum würde gewiß dabey gewinnen,
wenn alle Monate ein nicht geschriebenes
Stück aufgeführt würde, worauf sich freylich
die Schauspieler in mehreren Proben mü߬
ten vorbereitet haben.

Man dürfte sich, versetzte Wilhelm, ein
extemporirtes Stück nicht als ein solches den¬
ken, das aus dem Stegreife sogleich compo¬

rieth mit dem Geiſtlichen, wie wir ihn, ſei¬
nem Ausſehn und ſeiner Rolle nach, nennen
wollen, auf dem Spatziergange bald in ein
intereſſantes Geſpräch.

Ich finde dieſe Übung, ſagte der Unbe¬
kannte, unter Schauſpielern, ja in Geſell¬
ſchaft von Freunden und Bekannten, ſehr
nützlich. Es iſt die beſte Art, die Menſchen
aus ſich heraus und durch einen Umweg wie¬
der in ſich hinein zu führen. Es ſollte bey
jeder Truppe eingeführt ſeyn, daß ſie ſich
manchmal auf dieſe Weiſe üben müßte, und
das Publikum würde gewiß dabey gewinnen,
wenn alle Monate ein nicht geſchriebenes
Stück aufgeführt würde, worauf ſich freylich
die Schauſpieler in mehreren Proben mü߬
ten vorbereitet haben.

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[301/0309] rieth mit dem Geiſtlichen, wie wir ihn, ſei¬ nem Ausſehn und ſeiner Rolle nach, nennen wollen, auf dem Spatziergange bald in ein intereſſantes Geſpräch. Ich finde dieſe Übung, ſagte der Unbe¬ kannte, unter Schauſpielern, ja in Geſell¬ ſchaft von Freunden und Bekannten, ſehr nützlich. Es iſt die beſte Art, die Menſchen aus ſich heraus und durch einen Umweg wie¬ der in ſich hinein zu führen. Es ſollte bey jeder Truppe eingeführt ſeyn, daß ſie ſich manchmal auf dieſe Weiſe üben müßte, und das Publikum würde gewiß dabey gewinnen, wenn alle Monate ein nicht geſchriebenes Stück aufgeführt würde, worauf ſich freylich die Schauſpieler in mehreren Proben mü߬ ten vorbereitet haben. Man dürfte ſich, verſetzte Wilhelm, ein extemporirtes Stück nicht als ein ſolches den¬ ken, das aus dem Stegreife ſogleich compo¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/309>, abgerufen am 22.11.2024.