Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

läuftigen und unnützen Garderobe machten?
Warst du's nicht, der immer ein neues Stück
Band zu verhandeln hatte, der meine Lieb¬
haberey anzufeuern und zu nutzen wußte?--

Werner lachte und rief aus: Ich erinnere
mich immer noch mit Freuden, daß ich von
euern theatralischen Feldzügen Vortheil zog,
wie Lieferanten vom Kriege. Als Ihr euch
zur Befreyung Jerusalems rüstetet, machte
ich auch einen schönen Profit, wie ehemals
die Venetianer im ähnlichen Falle. Ich fin¬
de nichts vernünftiger in der Welt, als
von den Thorheiten anderer Vortheil zu
ziehen.

Ich weiß nicht, ob es nicht ein edleres
Vergnügen wäre, die Menschen von ihren
Thorheiten zu heilen. --

Wie ich sie kenne, möchte das wohl ein
eitles Bestreben seyn. Es gehört schon et¬
was dazu, wenn ein einziger Mensch klug

und

läuftigen und unnützen Garderobe machten?
Warſt du’s nicht, der immer ein neues Stück
Band zu verhandeln hatte, der meine Lieb¬
haberey anzufeuern und zu nutzen wußte?—

Werner lachte und rief aus: Ich erinnere
mich immer noch mit Freuden, daß ich von
euern theatraliſchen Feldzügen Vortheil zog,
wie Lieferanten vom Kriege. Als Ihr euch
zur Befreyung Jeruſalems rüſtetet, machte
ich auch einen ſchönen Profit, wie ehemals
die Venetianer im ähnlichen Falle. Ich fin¬
de nichts vernünftiger in der Welt, als
von den Thorheiten anderer Vortheil zu
ziehen.

Ich weiß nicht, ob es nicht ein edleres
Vergnügen wäre, die Menſchen von ihren
Thorheiten zu heilen. —

Wie ich ſie kenne, möchte das wohl ein
eitles Beſtreben ſeyn. Es gehört ſchon et¬
was dazu, wenn ein einziger Menſch klug

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0088" n="80"/>
läuftigen und unnützen Garderobe machten?<lb/>
War&#x017F;t du&#x2019;s nicht, der immer ein neues Stück<lb/>
Band zu verhandeln hatte, der meine Lieb¬<lb/>
haberey anzufeuern und zu nutzen wußte?&#x2014;</p><lb/>
            <p>Werner lachte und rief aus: Ich erinnere<lb/>
mich immer noch mit Freuden, daß ich von<lb/>
euern theatrali&#x017F;chen Feldzügen Vortheil zog,<lb/>
wie Lieferanten vom Kriege. Als Ihr euch<lb/>
zur Befreyung Jeru&#x017F;alems rü&#x017F;tetet, machte<lb/>
ich auch einen &#x017F;chönen Profit, wie ehemals<lb/>
die Venetianer im ähnlichen Falle. Ich fin¬<lb/>
de nichts vernünftiger in der Welt, als<lb/>
von den Thorheiten anderer Vortheil zu<lb/>
ziehen.</p><lb/>
            <p>Ich weiß nicht, ob es nicht ein edleres<lb/>
Vergnügen wäre, die Men&#x017F;chen von ihren<lb/>
Thorheiten zu heilen. &#x2014;</p><lb/>
            <p>Wie ich &#x017F;ie kenne, möchte das wohl ein<lb/>
eitles Be&#x017F;treben &#x017F;eyn. Es gehört &#x017F;chon et¬<lb/>
was dazu, wenn ein einziger Men&#x017F;ch klug<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80/0088] läuftigen und unnützen Garderobe machten? Warſt du’s nicht, der immer ein neues Stück Band zu verhandeln hatte, der meine Lieb¬ haberey anzufeuern und zu nutzen wußte?— Werner lachte und rief aus: Ich erinnere mich immer noch mit Freuden, daß ich von euern theatraliſchen Feldzügen Vortheil zog, wie Lieferanten vom Kriege. Als Ihr euch zur Befreyung Jeruſalems rüſtetet, machte ich auch einen ſchönen Profit, wie ehemals die Venetianer im ähnlichen Falle. Ich fin¬ de nichts vernünftiger in der Welt, als von den Thorheiten anderer Vortheil zu ziehen. Ich weiß nicht, ob es nicht ein edleres Vergnügen wäre, die Menſchen von ihren Thorheiten zu heilen. — Wie ich ſie kenne, möchte das wohl ein eitles Beſtreben ſeyn. Es gehört ſchon et¬ was dazu, wenn ein einziger Menſch klug und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/88
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/88>, abgerufen am 30.11.2024.