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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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gegen Putz und Pracht auf, und verlangen
nur in einfachen, der Natur angemessenen
Kleidern die Frauen alles Standes zu sehen.
Sie schelten den Putz, ohne zu bedenken, daß
es der arme Putz nicht ist, der uns mißfällt,
wenn wir eine häßliche oder minder schöne
Person reich und sonderbar gekleidet erblik¬
ken; aber ich wollte alle Kenner der Welt
hier versammeln und sie fragen, ob sie
wünschten etwas von diesen Falten, von die¬
sen Bändern und Spitzen, von diesen Puffen,
Locken und leuchtenden Steinen wegzuneh¬
men? Würden sie nicht fürchten, den ange¬
nehmen Eindruck zu stöhren, der ihnen hier
so willig und natürlich entgegen kommt?
Ja, natürlich darf ich wohl sagen! Wenn
Minerva ganz gerüstet aus dem Haupte des
Jupiter entsprang, so scheinet diese Göttin
in ihrem vollen Putze aus irgend einer Blu¬
me mit leichtem Fuße hervorgetreten zu seyn.

gegen Putz und Pracht auf, und verlangen
nur in einfachen, der Natur angemeſſenen
Kleidern die Frauen alles Standes zu ſehen.
Sie ſchelten den Putz, ohne zu bedenken, daß
es der arme Putz nicht iſt, der uns mißfällt,
wenn wir eine häßliche oder minder ſchöne
Perſon reich und ſonderbar gekleidet erblik¬
ken; aber ich wollte alle Kenner der Welt
hier verſammeln und ſie fragen, ob ſie
wünſchten etwas von dieſen Falten, von die¬
ſen Bändern und Spitzen, von dieſen Puffen,
Locken und leuchtenden Steinen wegzuneh¬
men? Würden ſie nicht fürchten, den ange¬
nehmen Eindruck zu ſtöhren, der ihnen hier
ſo willig und natürlich entgegen kommt?
Ja, natürlich darf ich wohl ſagen! Wenn
Minerva ganz gerüſtet aus dem Haupte des
Jupiter entſprang, ſo ſcheinet dieſe Göttin
in ihrem vollen Putze aus irgend einer Blu¬
me mit leichtem Fuße hervorgetreten zu ſeyn.

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[152/0160] gegen Putz und Pracht auf, und verlangen nur in einfachen, der Natur angemeſſenen Kleidern die Frauen alles Standes zu ſehen. Sie ſchelten den Putz, ohne zu bedenken, daß es der arme Putz nicht iſt, der uns mißfällt, wenn wir eine häßliche oder minder ſchöne Perſon reich und ſonderbar gekleidet erblik¬ ken; aber ich wollte alle Kenner der Welt hier verſammeln und ſie fragen, ob ſie wünſchten etwas von dieſen Falten, von die¬ ſen Bändern und Spitzen, von dieſen Puffen, Locken und leuchtenden Steinen wegzuneh¬ men? Würden ſie nicht fürchten, den ange¬ nehmen Eindruck zu ſtöhren, der ihnen hier ſo willig und natürlich entgegen kommt? Ja, natürlich darf ich wohl ſagen! Wenn Minerva ganz gerüſtet aus dem Haupte des Jupiter entſprang, ſo ſcheinet dieſe Göttin in ihrem vollen Putze aus irgend einer Blu¬ me mit leichtem Fuße hervorgetreten zu ſeyn.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/160>, abgerufen am 21.11.2024.