Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

den, und nun verschollen sind. Einige pfif¬
fen eine Symphonie, jeder besann sich schnell
auf seine Rolle, man fing an und spielte mit
der größten Aufmerksamkeit das Stück durch,
und wirklich über Erwartung gut. Man
applaudirte sich wechselsweise; man hatte sich
selten so wohl gehalten.

Als sie fertig waren, empfanden sie alle
ein ausnehmendes Vergnügen, theils über
ihre wohlzugebrachte Zeit, theils weil jeder
besonders mit sich zufrieden seyn konnte.
Wilhelm ließ sich weitläuftig zu ihrem Lobe
heraus, und ihre Unterhaltung war heiter
und fröhlich.

Ihr solltet sehen, rief unser Freund, wie
weit wir kommen müßten, wenn wir unsre
Übungen auf diese Art fortsetzten, und nicht
blos auf Auswendiglernen, Probiren und
Spielen uns mechanisch pflicht- und hand¬
werksmäßig einschränkten. Wie viel mehr

W. Meisters Lehrj. 2. N

den, und nun verſchollen ſind. Einige pfif¬
fen eine Symphonie, jeder beſann ſich ſchnell
auf ſeine Rolle, man fing an und ſpielte mit
der größten Aufmerkſamkeit das Stück durch,
und wirklich über Erwartung gut. Man
applaudirte ſich wechſelsweiſe; man hatte ſich
ſelten ſo wohl gehalten.

Als ſie fertig waren, empfanden ſie alle
ein ausnehmendes Vergnügen, theils über
ihre wohlzugebrachte Zeit, theils weil jeder
beſonders mit ſich zufrieden ſeyn konnte.
Wilhelm ließ ſich weitläuftig zu ihrem Lobe
heraus, und ihre Unterhaltung war heiter
und fröhlich.

Ihr ſolltet ſehen, rief unſer Freund, wie
weit wir kommen müßten, wenn wir unſre
Übungen auf dieſe Art fortſetzten, und nicht
blos auf Auswendiglernen, Probiren und
Spielen uns mechaniſch pflicht- und hand¬
werksmäßig einſchränkten. Wie viel mehr

W. Meiſters Lehrj. 2. N
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0201" n="193"/>
den, und nun ver&#x017F;chollen &#x017F;ind. Einige pfif¬<lb/>
fen eine Symphonie, jeder be&#x017F;ann &#x017F;ich &#x017F;chnell<lb/>
auf &#x017F;eine Rolle, man fing an und &#x017F;pielte mit<lb/>
der größten Aufmerk&#x017F;amkeit das Stück durch,<lb/>
und wirklich über Erwartung gut. Man<lb/>
applaudirte &#x017F;ich wech&#x017F;elswei&#x017F;e; man hatte &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elten &#x017F;o wohl gehalten.</p><lb/>
            <p>Als &#x017F;ie fertig waren, empfanden &#x017F;ie alle<lb/>
ein ausnehmendes Vergnügen, theils über<lb/>
ihre wohlzugebrachte Zeit, theils weil jeder<lb/>
be&#x017F;onders mit &#x017F;ich zufrieden &#x017F;eyn konnte.<lb/>
Wilhelm ließ &#x017F;ich weitläuftig zu ihrem Lobe<lb/>
heraus, und ihre Unterhaltung war heiter<lb/>
und fröhlich.</p><lb/>
            <p>Ihr &#x017F;olltet &#x017F;ehen, rief un&#x017F;er Freund, wie<lb/>
weit wir kommen müßten, wenn wir un&#x017F;re<lb/>
Übungen auf die&#x017F;e Art fort&#x017F;etzten, und nicht<lb/>
blos auf Auswendiglernen, Probiren und<lb/>
Spielen uns mechani&#x017F;ch pflicht- und hand¬<lb/>
werksmäßig ein&#x017F;chränkten. Wie viel mehr<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">W. Mei&#x017F;ters Lehrj. 2. N<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[193/0201] den, und nun verſchollen ſind. Einige pfif¬ fen eine Symphonie, jeder beſann ſich ſchnell auf ſeine Rolle, man fing an und ſpielte mit der größten Aufmerkſamkeit das Stück durch, und wirklich über Erwartung gut. Man applaudirte ſich wechſelsweiſe; man hatte ſich ſelten ſo wohl gehalten. Als ſie fertig waren, empfanden ſie alle ein ausnehmendes Vergnügen, theils über ihre wohlzugebrachte Zeit, theils weil jeder beſonders mit ſich zufrieden ſeyn konnte. Wilhelm ließ ſich weitläuftig zu ihrem Lobe heraus, und ihre Unterhaltung war heiter und fröhlich. Ihr ſolltet ſehen, rief unſer Freund, wie weit wir kommen müßten, wenn wir unſre Übungen auf dieſe Art fortſetzten, und nicht blos auf Auswendiglernen, Probiren und Spielen uns mechaniſch pflicht- und hand¬ werksmäßig einſchränkten. Wie viel mehr W. Meiſters Lehrj. 2. N

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/201
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/201>, abgerufen am 21.11.2024.