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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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Abgeschmackte war ihm zuwider, und wenn
in seiner zarten Seele der Haß aufkeimen
konnte, so war es nur eben so viel als nö¬
thig ist, um bewegliche und falsche Höflinge
zu verachten, und spöttisch mit ihnen zu spie¬
len. Er war gelassen in seinem Wesen, in
seinem Betragen einfach, weder im Müßig¬
gange behaglich, noch allzubegierig nach Be¬
schäftigung. Ein akademisches Hinschlendern
schien er auch bey Hofe fortzusetzen. Er be¬
saß mehr Fröhlichkeit der Laune als des
Herzens, war ein guter Gesellschafter, nach¬
giebig, bescheiden, besorgt, und konnte eine
Beleidigung vergeben und vergessen; aber
niemals konnte er sich mit dem vereinigen,
der die Grenzen des Rechten, des Guten,
des Anständigen überschritt.

Wenn wir das Stück wieder zusammen
lesen werden, könnt ihr beurtheilen, ob ich
auf dem rechten Wege bin. Wenigstens

Abgeſchmackte war ihm zuwider, und wenn
in ſeiner zarten Seele der Haß aufkeimen
konnte, ſo war es nur eben ſo viel als nö¬
thig iſt, um bewegliche und falſche Höflinge
zu verachten, und ſpöttiſch mit ihnen zu ſpie¬
len. Er war gelaſſen in ſeinem Weſen, in
ſeinem Betragen einfach, weder im Müßig¬
gange behaglich, noch allzubegierig nach Be¬
ſchäftigung. Ein akademiſches Hinſchlendern
ſchien er auch bey Hofe fortzuſetzen. Er be¬
ſaß mehr Fröhlichkeit der Laune als des
Herzens, war ein guter Geſellſchafter, nach¬
giebig, beſcheiden, beſorgt, und konnte eine
Beleidigung vergeben und vergeſſen; aber
niemals konnte er ſich mit dem vereinigen,
der die Grenzen des Rechten, des Guten,
des Anſtändigen überſchritt.

Wenn wir das Stück wieder zuſammen
leſen werden, könnt ihr beurtheilen, ob ich
auf dem rechten Wege bin. Wenigſtens

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[204/0212] Abgeſchmackte war ihm zuwider, und wenn in ſeiner zarten Seele der Haß aufkeimen konnte, ſo war es nur eben ſo viel als nö¬ thig iſt, um bewegliche und falſche Höflinge zu verachten, und ſpöttiſch mit ihnen zu ſpie¬ len. Er war gelaſſen in ſeinem Weſen, in ſeinem Betragen einfach, weder im Müßig¬ gange behaglich, noch allzubegierig nach Be¬ ſchäftigung. Ein akademiſches Hinſchlendern ſchien er auch bey Hofe fortzuſetzen. Er be¬ ſaß mehr Fröhlichkeit der Laune als des Herzens, war ein guter Geſellſchafter, nach¬ giebig, beſcheiden, beſorgt, und konnte eine Beleidigung vergeben und vergeſſen; aber niemals konnte er ſich mit dem vereinigen, der die Grenzen des Rechten, des Guten, des Anſtändigen überſchritt. Wenn wir das Stück wieder zuſammen leſen werden, könnt ihr beurtheilen, ob ich auf dem rechten Wege bin. Wenigſtens

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/212>, abgerufen am 21.11.2024.