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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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Nachdem die junge Dame eine kurze Zeit
am Schlage der einen Kutsche gestanden, und
sich mit den Ankommenden unterhalten hat¬
te, stieg ein Mann von untersetzter Gestalt
heraus, den sie zu unserm verwundeten Hel¬
den führte. An dem Kästchen, das er in der
Hand hatte, und an der ledernen Tasche mit
Instrumenten erkannte man ihn bald für ei¬
nen Wundarzt. Seine Manieren waren
mehr rauh als einnehmend, doch seine Hand
leicht, und seine Hülfe willkommen.

Er untersuchte genau, erklärte, keine
Wunde sey gefährlich, er wolle sie auf der
Stelle verbinden, alsdann könne man den
Kranken in das nächste Dorf bringen.

Die Besorgnisse der jungen Dame schie¬
nen sich zu vermehren. Sehen Sie nur,
sagte sie, nachdem sie einigemal hin und her¬
gegangen war, und den alten Herrn wieder
herbey führte, sehn Sie, wie man ihn zuge¬

Nachdem die junge Dame eine kurze Zeit
am Schlage der einen Kutſche geſtanden, und
ſich mit den Ankommenden unterhalten hat¬
te, ſtieg ein Mann von unterſetzter Geſtalt
heraus, den ſie zu unſerm verwundeten Hel¬
den führte. An dem Käſtchen, das er in der
Hand hatte, und an der ledernen Taſche mit
Inſtrumenten erkannte man ihn bald für ei¬
nen Wundarzt. Seine Manieren waren
mehr rauh als einnehmend, doch ſeine Hand
leicht, und ſeine Hülfe willkommen.

Er unterſuchte genau, erklärte, keine
Wunde ſey gefährlich, er wolle ſie auf der
Stelle verbinden, alsdann könne man den
Kranken in das nächſte Dorf bringen.

Die Beſorgniſſe der jungen Dame ſchie¬
nen ſich zu vermehren. Sehen Sie nur,
ſagte ſie, nachdem ſie einigemal hin und her¬
gegangen war, und den alten Herrn wieder
herbey führte, ſehn Sie, wie man ihn zuge¬

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[229/0237] Nachdem die junge Dame eine kurze Zeit am Schlage der einen Kutſche geſtanden, und ſich mit den Ankommenden unterhalten hat¬ te, ſtieg ein Mann von unterſetzter Geſtalt heraus, den ſie zu unſerm verwundeten Hel¬ den führte. An dem Käſtchen, das er in der Hand hatte, und an der ledernen Taſche mit Inſtrumenten erkannte man ihn bald für ei¬ nen Wundarzt. Seine Manieren waren mehr rauh als einnehmend, doch ſeine Hand leicht, und ſeine Hülfe willkommen. Er unterſuchte genau, erklärte, keine Wunde ſey gefährlich, er wolle ſie auf der Stelle verbinden, alsdann könne man den Kranken in das nächſte Dorf bringen. Die Beſorgniſſe der jungen Dame ſchie¬ nen ſich zu vermehren. Sehen Sie nur, ſagte ſie, nachdem ſie einigemal hin und her¬ gegangen war, und den alten Herrn wieder herbey führte, ſehn Sie, wie man ihn zuge¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/237>, abgerufen am 21.11.2024.