Ich vergebe dem Schmerze, den jeder über seinen Verlust empfindet, daß ihr mich in einem Augenblicke beleidigt, wo ihr mich beklagen solltet, daß ihr mir widersteht und mich von euch stoßt, das erstemal da ich Hülfe von euch erwarten könnte. Für die Dienste, die ich euch erzeigte, für die Gefäl¬ ligkeiten, die ich euch erwies, habe ich mich durch euren Dank, durch euer freundschaftli¬ ches Betragen bisher genugsam belohnt ge¬ funden; verleitet mich nicht, zwingt mein Gemüth nicht zurückzugehn und zu überden¬ ken, was ich für euch gethan habe; diese Berechnung würde mir nur peinlich werden. Der Zufall hat mich zu euch geführt, Um¬ stände und eine heimliche Neigung haben mich bey euch gehalten. Ich nahm an euren Arbeiten, an euren Vergnügungen Theil; meine wenigen Kenntnisse waren zu eurem Dienste. Gebt ihr mir jetzt auf eine bittre
Ich vergebe dem Schmerze, den jeder über ſeinen Verluſt empfindet, daß ihr mich in einem Augenblicke beleidigt, wo ihr mich beklagen ſolltet, daß ihr mir widerſteht und mich von euch ſtoßt, das erſtemal da ich Hülfe von euch erwarten könnte. Für die Dienſte, die ich euch erzeigte, für die Gefäl¬ ligkeiten, die ich euch erwies, habe ich mich durch euren Dank, durch euer freundſchaftli¬ ches Betragen bisher genugſam belohnt ge¬ funden; verleitet mich nicht, zwingt mein Gemüth nicht zurückzugehn und zu überden¬ ken, was ich für euch gethan habe; dieſe Berechnung würde mir nur peinlich werden. Der Zufall hat mich zu euch geführt, Um¬ ſtände und eine heimliche Neigung haben mich bey euch gehalten. Ich nahm an euren Arbeiten, an euren Vergnügungen Theil; meine wenigen Kenntniſſe waren zu eurem Dienſte. Gebt ihr mir jetzt auf eine bittre
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Ich vergebe dem Schmerze, den jeder
über ſeinen Verluſt empfindet, daß ihr mich
in einem Augenblicke beleidigt, wo ihr mich
beklagen ſolltet, daß ihr mir widerſteht und
mich von euch ſtoßt, das erſtemal da ich
Hülfe von euch erwarten könnte. Für die
Dienſte, die ich euch erzeigte, für die Gefäl¬
ligkeiten, die ich euch erwies, habe ich mich
durch euren Dank, durch euer freundſchaftli¬
ches Betragen bisher genugſam belohnt ge¬
funden; verleitet mich nicht, zwingt mein
Gemüth nicht zurückzugehn und zu überden¬
ken, was ich für euch gethan habe; dieſe
Berechnung würde mir nur peinlich werden.
Der Zufall hat mich zu euch geführt, Um¬
ſtände und eine heimliche Neigung haben
mich bey euch gehalten. Ich nahm an euren
Arbeiten, an euren Vergnügungen Theil;
meine wenigen Kenntniſſe waren zu eurem
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/247>, abgerufen am 21.11.2024.
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