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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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aus verkennt, wie Sie. Erlauben Sie mir,
es zu sagen: wenn man Sie Ihren Sha¬
kespear erklären hört, glaubt man, Sie kä¬
men eben aus dem Rathe der Götter, und
hätten zugehört, wie man sich daselbst bere¬
det, Menschen zu bilden; wenn Sie dagegen
mit Leuten umgehen, seh ich in Ihnen gleich¬
sam das erste, groß gebohrne Kind der Schö¬
pfung, das mit sonderlicher Verwunderung
und erbaulicher Gutmüthigkeit Löwen und
Affen, Schafe und Elephanten anstaunt, und
sie treuherzig als seines gleichen anspricht,
weil sie eben auch da sind und sich bewegen.

Die Ahndung meines schülerhaften We¬
sens, werthe Freundin, versetzte er, ist mir
öfters lästig, und ich werde Ihnen danken,
wenn Sie mir über die Welt zu mehrerer
Klarheit verhelfen wollen. Ich habe von
Jugend auf die Augen meines Geistes mehr
nach Innen als nach Aussen gerichtet, und

aus verkennt, wie Sie. Erlauben Sie mir,
es zu ſagen: wenn man Sie Ihren Sha¬
keſpear erklären hört, glaubt man, Sie kä¬
men eben aus dem Rathe der Götter, und
hätten zugehört, wie man ſich daſelbſt bere¬
det, Menſchen zu bilden; wenn Sie dagegen
mit Leuten umgehen, ſeh ich in Ihnen gleich¬
ſam das erſte, groß gebohrne Kind der Schö¬
pfung, das mit ſonderlicher Verwunderung
und erbaulicher Gutmüthigkeit Löwen und
Affen, Schafe und Elephanten anſtaunt, und
ſie treuherzig als ſeines gleichen anſpricht,
weil ſie eben auch da ſind und ſich bewegen.

Die Ahndung meines ſchülerhaften We¬
ſens, werthe Freundin, verſetzte er, iſt mir
öfters läſtig, und ich werde Ihnen danken,
wenn Sie mir über die Welt zu mehrerer
Klarheit verhelfen wollen. Ich habe von
Jugend auf die Augen meines Geiſtes mehr
nach Innen als nach Auſſen gerichtet, und

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[311/0320] aus verkennt, wie Sie. Erlauben Sie mir, es zu ſagen: wenn man Sie Ihren Sha¬ keſpear erklären hört, glaubt man, Sie kä¬ men eben aus dem Rathe der Götter, und hätten zugehört, wie man ſich daſelbſt bere¬ det, Menſchen zu bilden; wenn Sie dagegen mit Leuten umgehen, ſeh ich in Ihnen gleich¬ ſam das erſte, groß gebohrne Kind der Schö¬ pfung, das mit ſonderlicher Verwunderung und erbaulicher Gutmüthigkeit Löwen und Affen, Schafe und Elephanten anſtaunt, und ſie treuherzig als ſeines gleichen anſpricht, weil ſie eben auch da ſind und ſich bewegen. Die Ahndung meines ſchülerhaften We¬ ſens, werthe Freundin, verſetzte er, iſt mir öfters läſtig, und ich werde Ihnen danken, wenn Sie mir über die Welt zu mehrerer Klarheit verhelfen wollen. Ich habe von Jugend auf die Augen meines Geiſtes mehr nach Innen als nach Auſſen gerichtet, und

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/320>, abgerufen am 24.11.2024.