in ihrem Betragen täglich zu vermehren, und ihr ganzes Wesen bewegte sich in einer rast¬ losen Stille. Sie konnte nicht seyn, ohne einen Bindfaden in den Händen zu drehen, ein Tuch zu kneten, Papier oder Hölzchen zu kauen. Jedes ihrer Spiele schien nur eine innere heftige Erschütterung abzuleiten. Das Einzige, was ihr einige Heiterkeit zu geben schien, war die Nähe des kleinen Felix, mit dem sie sich sehr artig abzugeben wußte.
Aurelie, die nach einiger Ruhe gestimmt war, sich mit ihrem Freunde über einen Ge¬ genstand, der ihr so sehr am Herzen lag, endlich zu erklären, ward über die Beharr¬ lichkeit der Kleinen diesmal ungeduldig, und gab ihr zu verstehen, daß sie sich wegbege¬ ben sollte, und man mußte sie endlich, da alles nicht helfen wollte, ausdrücklich und wider ihren Willen fortschicken.
Jetzt oder niemals, sagte Aurelie, muß
in ihrem Betragen täglich zu vermehren, und ihr ganzes Weſen bewegte ſich in einer raſt¬ loſen Stille. Sie konnte nicht ſeyn, ohne einen Bindfaden in den Händen zu drehen, ein Tuch zu kneten, Papier oder Hölzchen zu kauen. Jedes ihrer Spiele ſchien nur eine innere heftige Erſchütterung abzuleiten. Das Einzige, was ihr einige Heiterkeit zu geben ſchien, war die Nähe des kleinen Felix, mit dem ſie ſich ſehr artig abzugeben wußte.
Aurelie, die nach einiger Ruhe geſtimmt war, ſich mit ihrem Freunde über einen Ge¬ genſtand, der ihr ſo ſehr am Herzen lag, endlich zu erklären, ward über die Beharr¬ lichkeit der Kleinen diesmal ungeduldig, und gab ihr zu verſtehen, daß ſie ſich wegbege¬ ben ſollte, und man mußte ſie endlich, da alles nicht helfen wollte, ausdrücklich und wider ihren Willen fortſchicken.
Jetzt oder niemals, ſagte Aurelie, muß
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0333"n="324"/>
in ihrem Betragen täglich zu vermehren, und<lb/>
ihr ganzes Weſen bewegte ſich in einer raſt¬<lb/>
loſen Stille. Sie konnte nicht ſeyn, ohne<lb/>
einen Bindfaden in den Händen zu drehen,<lb/>
ein Tuch zu kneten, Papier oder Hölzchen zu<lb/>
kauen. Jedes ihrer Spiele ſchien nur eine<lb/>
innere heftige Erſchütterung abzuleiten. Das<lb/>
Einzige, was ihr einige Heiterkeit zu geben<lb/>ſchien, war die Nähe des kleinen Felix, mit<lb/>
dem ſie ſich ſehr artig abzugeben wußte.</p><lb/><p>Aurelie, die nach einiger Ruhe geſtimmt<lb/>
war, ſich mit ihrem Freunde über einen Ge¬<lb/>
genſtand, der ihr ſo ſehr am Herzen lag,<lb/>
endlich zu erklären, ward über die Beharr¬<lb/>
lichkeit der Kleinen diesmal ungeduldig, und<lb/>
gab ihr zu verſtehen, daß ſie ſich wegbege¬<lb/>
ben ſollte, und man mußte ſie endlich, da<lb/>
alles nicht helfen wollte, ausdrücklich und<lb/>
wider ihren Willen fortſchicken.</p><lb/><p>Jetzt oder niemals, ſagte Aurelie, muß<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[324/0333]
in ihrem Betragen täglich zu vermehren, und
ihr ganzes Weſen bewegte ſich in einer raſt¬
loſen Stille. Sie konnte nicht ſeyn, ohne
einen Bindfaden in den Händen zu drehen,
ein Tuch zu kneten, Papier oder Hölzchen zu
kauen. Jedes ihrer Spiele ſchien nur eine
innere heftige Erſchütterung abzuleiten. Das
Einzige, was ihr einige Heiterkeit zu geben
ſchien, war die Nähe des kleinen Felix, mit
dem ſie ſich ſehr artig abzugeben wußte.
Aurelie, die nach einiger Ruhe geſtimmt
war, ſich mit ihrem Freunde über einen Ge¬
genſtand, der ihr ſo ſehr am Herzen lag,
endlich zu erklären, ward über die Beharr¬
lichkeit der Kleinen diesmal ungeduldig, und
gab ihr zu verſtehen, daß ſie ſich wegbege¬
ben ſollte, und man mußte ſie endlich, da
alles nicht helfen wollte, ausdrücklich und
wider ihren Willen fortſchicken.
Jetzt oder niemals, ſagte Aurelie, muß
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/333>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.