gezwungen, theils aus Instinkt, das, wovon so wenig Schauspieler einen Begriff zu haben scheinen: mit Organ und Gebährden ökono¬ misch zu seyn.
So wußte er selbst rohe und unfreundli¬ che Menschen zu bändigen, und für sich zu interessiren, und da er überall mit Nahrung und Obdach zufrieden war, jedes Geschenk dankbar annahm, das man ihm reichte, ja manchmal gar das Geld, wenn er dessen nach seiner Meinung genug hatte, ausschlug; so schickte man ihn mit Empfehlungsschreiben einander zu, und so wanderte er eine ganze Zeit von einem Edelhofe zum andern, wo er manches Vergnügen erregte, manches genoß, und nicht ohne die angenehmsten und artig¬ sten Abentheuer blieb.
Bey der innerlichen Kälte seines Gemü¬ thes liebte er eigentlich niemand; bey der Klarheit seines Blicks konnte er niemand
gezwungen, theils aus Inſtinkt, das, wovon ſo wenig Schauſpieler einen Begriff zu haben ſcheinen: mit Organ und Gebährden ökono¬ miſch zu ſeyn.
So wußte er ſelbſt rohe und unfreundli¬ che Menſchen zu bändigen, und für ſich zu intereſſiren, und da er überall mit Nahrung und Obdach zufrieden war, jedes Geſchenk dankbar annahm, das man ihm reichte, ja manchmal gar das Geld, wenn er deſſen nach ſeiner Meinung genug hatte, ausſchlug; ſo ſchickte man ihn mit Empfehlungsſchreiben einander zu, und ſo wanderte er eine ganze Zeit von einem Edelhofe zum andern, wo er manches Vergnügen erregte, manches genoß, und nicht ohne die angenehmſten und artig¬ ſten Abentheuer blieb.
Bey der innerlichen Kälte ſeines Gemü¬ thes liebte er eigentlich niemand; bey der Klarheit ſeines Blicks konnte er niemand
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0360"n="351"/>
gezwungen, theils aus Inſtinkt, das, wovon<lb/>ſo wenig Schauſpieler einen Begriff zu haben<lb/>ſcheinen: mit Organ und Gebährden ökono¬<lb/>
miſch zu ſeyn.</p><lb/><p>So wußte er ſelbſt rohe und unfreundli¬<lb/>
che Menſchen zu bändigen, und für ſich zu<lb/>
intereſſiren, und da er überall mit Nahrung<lb/>
und Obdach zufrieden war, jedes Geſchenk<lb/>
dankbar annahm, das man ihm reichte, ja<lb/>
manchmal gar das Geld, wenn er deſſen<lb/>
nach ſeiner Meinung genug hatte, ausſchlug;<lb/>ſo ſchickte man ihn mit Empfehlungsſchreiben<lb/>
einander zu, und ſo wanderte er eine ganze<lb/>
Zeit von einem Edelhofe zum andern, wo er<lb/>
manches Vergnügen erregte, manches genoß,<lb/>
und nicht ohne die angenehmſten und artig¬<lb/>ſten Abentheuer blieb.</p><lb/><p>Bey der innerlichen Kälte ſeines Gemü¬<lb/>
thes liebte er eigentlich niemand; bey der<lb/>
Klarheit ſeines Blicks konnte er niemand<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[351/0360]
gezwungen, theils aus Inſtinkt, das, wovon
ſo wenig Schauſpieler einen Begriff zu haben
ſcheinen: mit Organ und Gebährden ökono¬
miſch zu ſeyn.
So wußte er ſelbſt rohe und unfreundli¬
che Menſchen zu bändigen, und für ſich zu
intereſſiren, und da er überall mit Nahrung
und Obdach zufrieden war, jedes Geſchenk
dankbar annahm, das man ihm reichte, ja
manchmal gar das Geld, wenn er deſſen
nach ſeiner Meinung genug hatte, ausſchlug;
ſo ſchickte man ihn mit Empfehlungsſchreiben
einander zu, und ſo wanderte er eine ganze
Zeit von einem Edelhofe zum andern, wo er
manches Vergnügen erregte, manches genoß,
und nicht ohne die angenehmſten und artig¬
ſten Abentheuer blieb.
Bey der innerlichen Kälte ſeines Gemü¬
thes liebte er eigentlich niemand; bey der
Klarheit ſeines Blicks konnte er niemand
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/360>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.