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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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Tanzen war Anfangs nur meine geringste
Freude; mein Körper war zu empfindlich und
ich lernte nur in der Gesellschaft meiner
Schwester. Durch den Einfall unsers Tanz¬
meisters allen seinen Schülern und Schüle¬
rinnen einen Ball zu geben, ward aber die
Lust zu dieser Übung ganz anders belebt.

Unter vielen Knaben und Mädchen zeich¬
neten sich zwey Söhne des Hofmarschalls
aus; der jüngste so alt wie ich, der andere
zwey Jahr älter; Kinder von einer solchen
Schönheit, daß sie nach dem allgemeinen Ge¬
ständniß alles übertrafen, was man je von
schönen Kindern gesehen hatte. Auch ich hatte
sie kaum erblickt, so sah ich niemand mehr
vom ganzen Haufen. In dem Augenblicke
tanzte ich mit Aufmerksamkeit und wünschte
schön zu tanzen. Wie es kam, daß auch diese
Knaben unter allen andern mich vorzüglich
bemerkten? -- Genug in der ersten Stunde

Tanzen war Anfangs nur meine geringſte
Freude; mein Körper war zu empfindlich und
ich lernte nur in der Geſellſchaft meiner
Schweſter. Durch den Einfall unſers Tanz¬
meiſters allen ſeinen Schülern und Schüle¬
rinnen einen Ball zu geben, ward aber die
Luſt zu dieſer Übung ganz anders belebt.

Unter vielen Knaben und Mädchen zeich¬
neten ſich zwey Söhne des Hofmarſchalls
aus; der jüngſte ſo alt wie ich, der andere
zwey Jahr älter; Kinder von einer ſolchen
Schönheit, daß ſie nach dem allgemeinen Ge¬
ſtändniß alles übertrafen, was man je von
ſchönen Kindern geſehen hatte. Auch ich hatte
ſie kaum erblickt, ſo ſah ich niemand mehr
vom ganzen Haufen. In dem Augenblicke
tanzte ich mit Aufmerkſamkeit und wünſchte
ſchön zu tanzen. Wie es kam, daß auch dieſe
Knaben unter allen andern mich vorzüglich
bemerkten? — Genug in der erſten Stunde

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[216/0222] Tanzen war Anfangs nur meine geringſte Freude; mein Körper war zu empfindlich und ich lernte nur in der Geſellſchaft meiner Schweſter. Durch den Einfall unſers Tanz¬ meiſters allen ſeinen Schülern und Schüle¬ rinnen einen Ball zu geben, ward aber die Luſt zu dieſer Übung ganz anders belebt. Unter vielen Knaben und Mädchen zeich¬ neten ſich zwey Söhne des Hofmarſchalls aus; der jüngſte ſo alt wie ich, der andere zwey Jahr älter; Kinder von einer ſolchen Schönheit, daß ſie nach dem allgemeinen Ge¬ ſtändniß alles übertrafen, was man je von ſchönen Kindern geſehen hatte. Auch ich hatte ſie kaum erblickt, ſo ſah ich niemand mehr vom ganzen Haufen. In dem Augenblicke tanzte ich mit Aufmerkſamkeit und wünſchte ſchön zu tanzen. Wie es kam, daß auch dieſe Knaben unter allen andern mich vorzüglich bemerkten? — Genug in der erſten Stunde

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/222>, abgerufen am 09.11.2024.