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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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die Kinder zu thun im Stande sey, um
desto erwünschter war mir des Oheims Ent¬
schluß, der natürlich aus seiner Denkungsart
entsprang, seine ganze Aufmerksamkeit auf
die Erziehung dieser liebenswürdigen Ge¬
schöpfe zu verwenden. Und gewiß, sie ver¬
dienten es in jedem Sinne, sie waren wohl¬
gebildet, und versprachen, bey ihrer großen
Verschiedenheit, sämmtlich gutartige und ver¬
ständige Menschen zu werden.

Seitdem mein guter Arzt mich aufmerk¬
sam gemacht hatte, betrachtete ich gern die
Familienähnlichkeit in Kindern und Ver¬
wandten. Mein Vater hatte sorgfältig die
Bilder seiner Vorfahren aufbewahrt, sich
selbst und seine Kinder von leidlichen Mei¬
stern mahlen lassen, auch war meine Mut¬
ter und ihre Verwandten nicht vergessen
worden. Wir kannten die Charactere der
ganzen Familie genau, und da wir sie oft

die Kinder zu thun im Stande ſey, um
deſto erwünſchter war mir des Oheims Ent¬
ſchluß, der natürlich aus ſeiner Denkungsart
entſprang, ſeine ganze Aufmerkſamkeit auf
die Erziehung dieſer liebenswürdigen Ge¬
ſchöpfe zu verwenden. Und gewiß, ſie ver¬
dienten es in jedem Sinne, ſie waren wohl¬
gebildet, und verſprachen, bey ihrer großen
Verſchiedenheit, ſämmtlich gutartige und ver¬
ſtändige Menſchen zu werden.

Seitdem mein guter Arzt mich aufmerk¬
ſam gemacht hatte, betrachtete ich gern die
Familienähnlichkeit in Kindern und Ver¬
wandten. Mein Vater hatte ſorgfältig die
Bilder ſeiner Vorfahren aufbewahrt, ſich
ſelbſt und ſeine Kinder von leidlichen Mei¬
ſtern mahlen laſſen, auch war meine Mut¬
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worden. Wir kannten die Charactere der
ganzen Familie genau, und da wir ſie oft

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[361/0367] die Kinder zu thun im Stande ſey, um deſto erwünſchter war mir des Oheims Ent¬ ſchluß, der natürlich aus ſeiner Denkungsart entſprang, ſeine ganze Aufmerkſamkeit auf die Erziehung dieſer liebenswürdigen Ge¬ ſchöpfe zu verwenden. Und gewiß, ſie ver¬ dienten es in jedem Sinne, ſie waren wohl¬ gebildet, und verſprachen, bey ihrer großen Verſchiedenheit, ſämmtlich gutartige und ver¬ ſtändige Menſchen zu werden. Seitdem mein guter Arzt mich aufmerk¬ ſam gemacht hatte, betrachtete ich gern die Familienähnlichkeit in Kindern und Ver¬ wandten. Mein Vater hatte ſorgfältig die Bilder ſeiner Vorfahren aufbewahrt, ſich ſelbſt und ſeine Kinder von leidlichen Mei¬ ſtern mahlen laſſen, auch war meine Mut¬ ter und ihre Verwandten nicht vergeſſen worden. Wir kannten die Charactere der ganzen Familie genau, und da wir ſie oft

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/367>, abgerufen am 15.05.2024.