Hauptpunkt einzuschärfen, daß es nämlich ihre Pflicht sey laut und vernehmlich zu sprechen. Sie fanden hierbey mehr Wider¬ stand und Unwillen, als sie anfangs gedacht hatten. Die meisten wollten so gehört seyn wie sie sprachen, und wenige bemühten sich so zu sprechen, daß man sie hören könnte. Einige schoben den Fehler aufs Gebäude, andere sagten, man könne doch nicht schreyen, wenn man natürlich, heimlich oder zärtlich zu sprechen habe.
Unsre Theaterfreunde, die eine unsägliche Geduld hatten, suchten auf alle Weise diese Verwirrung zu lösen, diesem Eigensinne bey¬ zukommen. Sie sparten weder Gründe noch Schmeicheleyen, und erreichten zuletzt doch ihren Endzweck, wobey ihnen das gute Bey¬ spiel Wilhelms besonders zu statten kam. Er bat sich aus, daß sie sich bey den Pro¬ ben in die entferntsten Ecken setzen, und so¬
Hauptpunkt einzuſchärfen, daß es nämlich ihre Pflicht ſey laut und vernehmlich zu ſprechen. Sie fanden hierbey mehr Wider¬ ſtand und Unwillen, als ſie anfangs gedacht hatten. Die meiſten wollten ſo gehört ſeyn wie ſie ſprachen, und wenige bemühten ſich ſo zu ſprechen, daß man ſie hören könnte. Einige ſchoben den Fehler aufs Gebäude, andere ſagten, man könne doch nicht ſchreyen, wenn man natürlich, heimlich oder zärtlich zu ſprechen habe.
Unſre Theaterfreunde, die eine unſägliche Geduld hatten, ſuchten auf alle Weiſe dieſe Verwirrung zu löſen, dieſem Eigenſinne bey¬ zukommen. Sie ſparten weder Gründe noch Schmeicheleyen, und erreichten zuletzt doch ihren Endzweck, wobey ihnen das gute Bey¬ ſpiel Wilhelms beſonders zu ſtatten kam. Er bat ſich aus, daß ſie ſich bey den Pro¬ ben in die entferntſten Ecken ſetzen, und ſo¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0094"n="88"/>
Hauptpunkt einzuſchärfen, daß es nämlich<lb/>
ihre Pflicht ſey laut und vernehmlich zu<lb/>ſprechen. Sie fanden hierbey mehr Wider¬<lb/>ſtand und Unwillen, als ſie anfangs gedacht<lb/>
hatten. Die meiſten wollten ſo gehört ſeyn<lb/>
wie ſie ſprachen, und wenige bemühten ſich<lb/>ſo zu ſprechen, daß man ſie hören könnte.<lb/>
Einige ſchoben den Fehler aufs Gebäude,<lb/>
andere ſagten, man könne doch nicht ſchreyen,<lb/>
wenn man natürlich, heimlich oder zärtlich<lb/>
zu ſprechen habe.</p><lb/><p>Unſre Theaterfreunde, die eine unſägliche<lb/>
Geduld hatten, ſuchten auf alle Weiſe dieſe<lb/>
Verwirrung zu löſen, dieſem Eigenſinne bey¬<lb/>
zukommen. Sie ſparten weder Gründe noch<lb/>
Schmeicheleyen, und erreichten zuletzt doch<lb/>
ihren Endzweck, wobey ihnen das gute Bey¬<lb/>ſpiel Wilhelms beſonders zu ſtatten kam.<lb/>
Er bat ſich aus, daß ſie ſich bey den Pro¬<lb/>
ben in die entferntſten Ecken ſetzen, und ſo¬<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[88/0094]
Hauptpunkt einzuſchärfen, daß es nämlich
ihre Pflicht ſey laut und vernehmlich zu
ſprechen. Sie fanden hierbey mehr Wider¬
ſtand und Unwillen, als ſie anfangs gedacht
hatten. Die meiſten wollten ſo gehört ſeyn
wie ſie ſprachen, und wenige bemühten ſich
ſo zu ſprechen, daß man ſie hören könnte.
Einige ſchoben den Fehler aufs Gebäude,
andere ſagten, man könne doch nicht ſchreyen,
wenn man natürlich, heimlich oder zärtlich
zu ſprechen habe.
Unſre Theaterfreunde, die eine unſägliche
Geduld hatten, ſuchten auf alle Weiſe dieſe
Verwirrung zu löſen, dieſem Eigenſinne bey¬
zukommen. Sie ſparten weder Gründe noch
Schmeicheleyen, und erreichten zuletzt doch
ihren Endzweck, wobey ihnen das gute Bey¬
ſpiel Wilhelms beſonders zu ſtatten kam.
Er bat ſich aus, daß ſie ſich bey den Pro¬
ben in die entferntſten Ecken ſetzen, und ſo¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/94>, abgerufen am 04.01.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.