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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

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Abscheuliche, niederträchtige Kupplerinn!
so hast Du das unglückliche Geschöpf ge¬
opfert? so hast Du sie Deiner Kehle, Dei¬
nem unersättlichen Heißhunger hingegeben?

Ihr thätet besser Euch zu mäßigen, und
mit Schimpfreden inne zu halten, versetzte
die Alte. Wenn Ihr schimpfen wollt, so geht
in Eure großen vornehmen Häuser, da wer¬
det Ihr Mütter finden, die recht ängstlich
besorgt sind, wie sie für ein liebenswürdiges,
himmlisches Mädchen den allerabscheulich¬
sten Menschen auffinden wollen, wenn er
nur zugleich der reichste ist. Seht das arme
Geschöpf vor seinem Schicksale zittern und
beben, und nirgends Trost finden, als bis
ihr irgend eine erfahrne Freundin begreiflich
macht, daß sie durch den Ehestand das Recht
erwerbe, über ihr Herz und ihre Person
künftig nach Gefallen disponiren zu können.

Schweig! rief Wilhelm, glaubst Du denn,

Abſcheuliche, niederträchtige Kupplerinn!
ſo haſt Du das unglückliche Geſchöpf ge¬
opfert? ſo haſt Du ſie Deiner Kehle, Dei¬
nem unerſättlichen Heißhunger hingegeben?

Ihr thätet beſſer Euch zu mäßigen, und
mit Schimpfreden inne zu halten, verſetzte
die Alte. Wenn Ihr ſchimpfen wollt, ſo geht
in Eure großen vornehmen Häuſer, da wer¬
det Ihr Mütter finden, die recht ängſtlich
beſorgt ſind, wie ſie für ein liebenswürdiges,
himmliſches Mädchen den allerabſcheulich¬
ſten Menſchen auffinden wollen, wenn er
nur zugleich der reichſte iſt. Seht das arme
Geſchöpf vor ſeinem Schickſale zittern und
beben, und nirgends Troſt finden, als bis
ihr irgend eine erfahrne Freundin begreiflich
macht, daß ſie durch den Eheſtand das Recht
erwerbe, über ihr Herz und ihre Perſon
künftig nach Gefallen diſponiren zu können.

Schweig! rief Wilhelm, glaubſt Du denn,

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[158/0162] Abſcheuliche, niederträchtige Kupplerinn! ſo haſt Du das unglückliche Geſchöpf ge¬ opfert? ſo haſt Du ſie Deiner Kehle, Dei¬ nem unerſättlichen Heißhunger hingegeben? Ihr thätet beſſer Euch zu mäßigen, und mit Schimpfreden inne zu halten, verſetzte die Alte. Wenn Ihr ſchimpfen wollt, ſo geht in Eure großen vornehmen Häuſer, da wer¬ det Ihr Mütter finden, die recht ängſtlich beſorgt ſind, wie ſie für ein liebenswürdiges, himmliſches Mädchen den allerabſcheulich¬ ſten Menſchen auffinden wollen, wenn er nur zugleich der reichſte iſt. Seht das arme Geſchöpf vor ſeinem Schickſale zittern und beben, und nirgends Troſt finden, als bis ihr irgend eine erfahrne Freundin begreiflich macht, daß ſie durch den Eheſtand das Recht erwerbe, über ihr Herz und ihre Perſon künftig nach Gefallen diſponiren zu können. Schweig! rief Wilhelm, glaubſt Du denn,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/162>, abgerufen am 27.11.2024.