Wilhelm schrieb vor seiner Abreise aus der Stadt noch einen weitläuftigen Brief an Wernern. Sie hatten zwar einige Briefe gewechselt, aber weil sie nicht einig werden konnten, hörten sie zuletzt auf zu schreiben. Nun hatte sich Wilhelm wieder genähert, er war im Begriff dasjenige zu thun, was je¬ ner so sehr wünschte, er konnte sagen: ich verlasse das Theater, und verbinde mich mit Männern, deren Umgang mich, in jedem Sinne, zu einer reinen und sichern Thätig¬ keit führen muß. Er erkundigte sich nach seinem Vermögen, und es schien ihm nun¬ mehr sonderbar, daß er so lange sich nicht darum bekümmert hatte. Er wußte nicht, daß es die Art aller der Menschen sey, de¬ nen an ihrer innern Bildung viel gelegen ist, daß sie die äußeren Verhältnisse ganz und gar vernachlässigen. Wilhelm hatte sich in diesem Falle befunden, er schien nunmehr
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Wilhelm ſchrieb vor ſeiner Abreiſe aus der Stadt noch einen weitläuftigen Brief an Wernern. Sie hatten zwar einige Briefe gewechſelt, aber weil ſie nicht einig werden konnten, hörten ſie zuletzt auf zu ſchreiben. Nun hatte ſich Wilhelm wieder genähert, er war im Begriff dasjenige zu thun, was je¬ ner ſo ſehr wünſchte, er konnte ſagen: ich verlaſſe das Theater, und verbinde mich mit Männern, deren Umgang mich, in jedem Sinne, zu einer reinen und ſichern Thätig¬ keit führen muß. Er erkundigte ſich nach ſeinem Vermögen, und es ſchien ihm nun¬ mehr ſonderbar, daß er ſo lange ſich nicht darum bekümmert hatte. Er wußte nicht, daß es die Art aller der Menſchen ſey, de¬ nen an ihrer innern Bildung viel gelegen iſt, daß ſie die äußeren Verhältniſſe ganz und gar vernachläſſigen. Wilhelm hatte ſich in dieſem Falle befunden, er ſchien nunmehr
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[193/0197]
Wilhelm ſchrieb vor ſeiner Abreiſe aus
der Stadt noch einen weitläuftigen Brief an
Wernern. Sie hatten zwar einige Briefe
gewechſelt, aber weil ſie nicht einig werden
konnten, hörten ſie zuletzt auf zu ſchreiben.
Nun hatte ſich Wilhelm wieder genähert, er
war im Begriff dasjenige zu thun, was je¬
ner ſo ſehr wünſchte, er konnte ſagen: ich
verlaſſe das Theater, und verbinde mich mit
Männern, deren Umgang mich, in jedem
Sinne, zu einer reinen und ſichern Thätig¬
keit führen muß. Er erkundigte ſich nach
ſeinem Vermögen, und es ſchien ihm nun¬
mehr ſonderbar, daß er ſo lange ſich nicht
darum bekümmert hatte. Er wußte nicht,
daß es die Art aller der Menſchen ſey, de¬
nen an ihrer innern Bildung viel gelegen
iſt, daß ſie die äußeren Verhältniſſe ganz
und gar vernachläſſigen. Wilhelm hatte ſich
in dieſem Falle befunden, er ſchien nunmehr
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/197>, abgerufen am 23.11.2024.
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