Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

trauen auf Ihr Herz, auf Ihren Verstand
und reinen Sinn ist noch immer so groß,
daß ich Ihnen mein Schicksal und das Schick¬
sal meines Freundes gerne in die Hand lege.

Das Gespräch wendete sich sogleich zu
allgemeinen, ja, man darf sagen, zu unbe¬
deutenden Gegenständen. Die Gesellschaft
trennte sich bald, zum Spaziren gehen, in
einzelne Paare. Natalie war mit Lothario,
Therese mit dem Abbe gegangen und Wil¬
helm war mit Jarno auf dem Schlosse
geblieben.

Die Erscheinung der drey Freunde, in
dem Augenblick da Wilhelmen ein schwerer
Schmerz auf der Brust lag, hatte ihn, statt
ihn zu zerstreuen, in äußerst schlimme Laune
versetzt, er war verdrießlich und argwöh¬
nisch, und konnte und wollte es nicht ver¬
helen, als Jarno ihn über sein mürrisches
Stillschweigen zur Rede setzte. Was braucht's

trauen auf Ihr Herz, auf Ihren Verſtand
und reinen Sinn iſt noch immer ſo groß,
daß ich Ihnen mein Schickſal und das Schick¬
ſal meines Freundes gerne in die Hand lege.

Das Geſpräch wendete ſich ſogleich zu
allgemeinen, ja, man darf ſagen, zu unbe¬
deutenden Gegenſtänden. Die Geſellſchaft
trennte ſich bald, zum Spaziren gehen, in
einzelne Paare. Natalie war mit Lothario,
Thereſe mit dem Abbé gegangen und Wil¬
helm war mit Jarno auf dem Schloſſe
geblieben.

Die Erſcheinung der drey Freunde, in
dem Augenblick da Wilhelmen ein ſchwerer
Schmerz auf der Bruſt lag, hatte ihn, ſtatt
ihn zu zerſtreuen, in äußerſt ſchlimme Laune
verſetzt, er war verdrießlich und argwöh¬
niſch, und konnte und wollte es nicht ver¬
helen, als Jarno ihn über ſein mürriſches
Stillſchweigen zur Rede ſetzte. Was braucht's

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0345" n="341"/>
trauen auf Ihr Herz, auf Ihren Ver&#x017F;tand<lb/>
und reinen Sinn i&#x017F;t noch immer &#x017F;o groß,<lb/>
daß ich Ihnen mein Schick&#x017F;al und das Schick¬<lb/>
&#x017F;al meines Freundes gerne in die Hand lege.</p><lb/>
            <p>Das Ge&#x017F;präch wendete &#x017F;ich &#x017F;ogleich zu<lb/>
allgemeinen, ja, man darf &#x017F;agen, zu unbe¬<lb/>
deutenden Gegen&#x017F;tänden. Die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft<lb/>
trennte &#x017F;ich bald, zum Spaziren gehen, in<lb/>
einzelne Paare. Natalie war mit Lothario,<lb/>
There&#x017F;e mit dem Abbé gegangen und Wil¬<lb/>
helm war mit Jarno auf dem Schlo&#x017F;&#x017F;e<lb/>
geblieben.</p><lb/>
            <p>Die Er&#x017F;cheinung der drey Freunde, in<lb/>
dem Augenblick da Wilhelmen ein &#x017F;chwerer<lb/>
Schmerz auf der Bru&#x017F;t lag, hatte ihn, &#x017F;tatt<lb/>
ihn zu zer&#x017F;treuen, in äußer&#x017F;t &#x017F;chlimme Laune<lb/>
ver&#x017F;etzt, er war verdrießlich und argwöh¬<lb/>
ni&#x017F;ch, und konnte und wollte es nicht ver¬<lb/>
helen, als Jarno ihn über &#x017F;ein mürri&#x017F;ches<lb/>
Still&#x017F;chweigen zur Rede &#x017F;etzte. Was braucht's<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[341/0345] trauen auf Ihr Herz, auf Ihren Verſtand und reinen Sinn iſt noch immer ſo groß, daß ich Ihnen mein Schickſal und das Schick¬ ſal meines Freundes gerne in die Hand lege. Das Geſpräch wendete ſich ſogleich zu allgemeinen, ja, man darf ſagen, zu unbe¬ deutenden Gegenſtänden. Die Geſellſchaft trennte ſich bald, zum Spaziren gehen, in einzelne Paare. Natalie war mit Lothario, Thereſe mit dem Abbé gegangen und Wil¬ helm war mit Jarno auf dem Schloſſe geblieben. Die Erſcheinung der drey Freunde, in dem Augenblick da Wilhelmen ein ſchwerer Schmerz auf der Bruſt lag, hatte ihn, ſtatt ihn zu zerſtreuen, in äußerſt ſchlimme Laune verſetzt, er war verdrießlich und argwöh¬ niſch, und konnte und wollte es nicht ver¬ helen, als Jarno ihn über ſein mürriſches Stillſchweigen zur Rede ſetzte. Was braucht's

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/345
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/345>, abgerufen am 17.06.2024.