richtete die Gräfin, wovon die Rede sey, und der Abbe las:
Meinen Vater, sagte der Markese, muß ich, so viel Welt ich auch gesehen habe, im¬ mer für einen der wunderbarsten Menschen halten. Sein Charakter war edel und gerad, seine Ideen weit, und man darf sagen groß; er war streng gegen sich selbst, in allen sei¬ nen Planen fand man eine unbestechliche Folge, an allen seinen Handlungen eine un¬ unterbrochene Schrittmäßigkeit. So gut sich daher von einer Seite mit ihm umgehen, und ein Geschäft verhandeln ließ, so wenig konnte er, um eben dieser Eigenschaften wil¬ len, sich in die Welt finden, da er vom Staate, von seinen Nachbarn, von Kindern und Gesinde die Beobachtung aller der Ge¬ setze forderte, die er sich selbst auferlegt hatte. Seine mäßigsten Forderungen wurden über¬ trieben durch seine Strenge, und er konnte
richtete die Gräfin, wovon die Rede ſey, und der Abbé las:
Meinen Vater, ſagte der Markeſe, muß ich, ſo viel Welt ich auch geſehen habe, im¬ mer für einen der wunderbarſten Menſchen halten. Sein Charakter war edel und gerad, ſeine Ideen weit, und man darf ſagen groß; er war ſtreng gegen ſich ſelbſt, in allen ſei¬ nen Planen fand man eine unbeſtechliche Folge, an allen ſeinen Handlungen eine un¬ unterbrochene Schrittmäßigkeit. So gut ſich daher von einer Seite mit ihm umgehen, und ein Geſchäft verhandeln ließ, ſo wenig konnte er, um eben dieſer Eigenſchaften wil¬ len, ſich in die Welt finden, da er vom Staate, von ſeinen Nachbarn, von Kindern und Geſinde die Beobachtung aller der Ge¬ ſetze forderte, die er ſich ſelbſt auferlegt hatte. Seine mäßigſten Forderungen wurden über¬ trieben durch ſeine Strenge, und er konnte
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richtete die Gräfin, wovon die Rede ſey,
und der Abbé las:
Meinen Vater, ſagte der Markeſe, muß
ich, ſo viel Welt ich auch geſehen habe, im¬
mer für einen der wunderbarſten Menſchen
halten. Sein Charakter war edel und gerad,
ſeine Ideen weit, und man darf ſagen groß;
er war ſtreng gegen ſich ſelbſt, in allen ſei¬
nen Planen fand man eine unbeſtechliche
Folge, an allen ſeinen Handlungen eine un¬
unterbrochene Schrittmäßigkeit. So gut ſich
daher von einer Seite mit ihm umgehen,
und ein Geſchäft verhandeln ließ, ſo wenig
konnte er, um eben dieſer Eigenſchaften wil¬
len, ſich in die Welt finden, da er vom
Staate, von ſeinen Nachbarn, von Kindern
und Geſinde die Beobachtung aller der Ge¬
ſetze forderte, die er ſich ſelbſt auferlegt hatte.
Seine mäßigſten Forderungen wurden über¬
trieben durch ſeine Strenge, und er konnte
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/431>, abgerufen am 22.11.2024.
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