Goethe, Johann Wolfgang von: Reinecke Fuchs. In zwölf Gesängen. Berlin, 1794 (= Goethe's Neue Schriften, Bd. 2).Einen Ochsen gefangen, wir eine Kuh uns Einen Ochsen gefangen, wir eine Kuh uns <TEI> <text> <body> <div> <div type="poem"> <lg type="poem"> <lg n="15"> <pb facs="#f0154" n="146"/> <l>Einen Ochsen gefangen, wir eine Kuh uns<lb/><space dim="horizontal"/>gewonnen,</l><lb/> <l>Gleich erschienen sein Weib und sieben Kinder<lb/><space dim="horizontal"/>und warfen</l><lb/> <l>Ueber die Beute sich her und draͤngten mich<lb/><space dim="horizontal"/>hinter die Mahlzeit.</l><lb/> <l>Keine Rippe konnt' ich erlangen, sie waͤre<lb/><space dim="horizontal"/>denn gaͤnzlich</l><lb/> <l>Glatt und trocken genagt; das sollte mir al-<lb/><space dim="horizontal"/>les gefallen!</l><lb/> <l>Aber Gott sey gedankt, ich litt deswegen nicht<lb/><space dim="horizontal"/>Hunger;</l><lb/> <l>Heimlich naͤhrt ich mich wohl von meinem<lb/><space dim="horizontal"/>herrlichen Schatze,</l><lb/> <l>Von dem Silber und Golde, das ich an<lb/><space dim="horizontal"/>sicherer Staͤtte</l><lb/> <l>Heimlich verwahre; deß hab ich genug. Es<lb/><space dim="horizontal"/>schafft mir wahrhaftig</l><lb/> <l>Ihn kein Wagen hinweg, und wenn er sieben-<lb/><space dim="horizontal"/>mal fuͤhre.</l><lb/> </lg> <lg n="16"> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [146/0154]
Einen Ochsen gefangen, wir eine Kuh uns
gewonnen,
Gleich erschienen sein Weib und sieben Kinder
und warfen
Ueber die Beute sich her und draͤngten mich
hinter die Mahlzeit.
Keine Rippe konnt' ich erlangen, sie waͤre
denn gaͤnzlich
Glatt und trocken genagt; das sollte mir al-
les gefallen!
Aber Gott sey gedankt, ich litt deswegen nicht
Hunger;
Heimlich naͤhrt ich mich wohl von meinem
herrlichen Schatze,
Von dem Silber und Golde, das ich an
sicherer Staͤtte
Heimlich verwahre; deß hab ich genug. Es
schafft mir wahrhaftig
Ihn kein Wagen hinweg, und wenn er sieben-
mal fuͤhre.
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