Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790.Torquato Tasso Alphons. Laß uns zusammen, liebe Schwester, wirken, Wie wir zu beyder Vortheil oft gethan! Wenn ich zu eifrig bin, so lindre du: Und bist du zu gelind, so will ich treiben. Wir sehen dann auf einmal ihn vielleicht Am Ziel, wo wir ihn lang' gewünscht zu sehn. Dann soll das Vaterland, es soll die Welt Erstaunen, welch ein Werk vollendet worden. Ich nehme meinen Theil des Ruhms davon, Und er wird in das Leben eingeführt. Ein edler Mensch kann einem engen Kreise Nicht seine Bildung danken. Vaterland Und Welt muß auf ihn wirken. Ruhm und Tadel Muß er ertragen lernen. Sich und andre Wird er gezwungen recht zu kennen. Ihn Wiegt nicht die Einsamkeit mehr schmeichelnd ein. Es will der Feind -- es darf der Freund nicht schonen: Dann übt der Jüngling streitend seine Kräfte, Fühlt was er ist und fühlt sich bald ein Mann. Torquato Taſſo Alphons. Laß uns zuſammen, liebe Schweſter, wirken, Wie wir zu beyder Vortheil oft gethan! Wenn ich zu eifrig bin, ſo lindre du: Und biſt du zu gelind, ſo will ich treiben. Wir ſehen dann auf einmal ihn vielleicht Am Ziel, wo wir ihn lang’ gewünſcht zu ſehn. Dann ſoll das Vaterland, es ſoll die Welt Erſtaunen, welch ein Werk vollendet worden. Ich nehme meinen Theil des Ruhms davon, Und er wird in das Leben eingeführt. Ein edler Menſch kann einem engen Kreiſe Nicht ſeine Bildung danken. Vaterland Und Welt muß auf ihn wirken. Ruhm und Tadel Muß er ertragen lernen. Sich und andre Wird er gezwungen recht zu kennen. Ihn Wiegt nicht die Einſamkeit mehr ſchmeichelnd ein. Es will der Feind — es darf der Freund nicht ſchonen: Dann übt der Jüngling ſtreitend ſeine Kräfte, Fühlt was er iſt und fühlt ſich bald ein Mann. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0028" n="20"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#g">Torquato Taſſo</hi> </fw><lb/> <sp who="#ALP"> <speaker><hi rendition="#g">Alphons</hi>.</speaker><lb/> <p>Laß uns zuſammen, liebe Schweſter, wirken,<lb/> Wie wir zu beyder Vortheil oft gethan!<lb/> Wenn ich zu eifrig bin, ſo lindre du:<lb/> Und biſt du zu gelind, ſo will ich treiben.<lb/> Wir ſehen dann auf einmal ihn vielleicht<lb/> Am Ziel, wo wir ihn lang’ gewünſcht zu ſehn.<lb/> Dann ſoll das Vaterland, es ſoll die Welt<lb/> Erſtaunen, welch ein Werk vollendet worden.<lb/> Ich nehme meinen Theil des Ruhms davon,<lb/> Und er wird in das Leben eingeführt.<lb/> Ein edler Menſch kann einem engen Kreiſe<lb/> Nicht ſeine Bildung danken. Vaterland<lb/> Und Welt muß auf ihn wirken. Ruhm und<lb/> Tadel<lb/> Muß er ertragen lernen. Sich und andre<lb/> Wird er gezwungen recht zu kennen. Ihn<lb/> Wiegt nicht die Einſamkeit mehr ſchmeichelnd<lb/> ein.<lb/> Es <hi rendition="#g">will</hi> der Feind — es <hi rendition="#g">darf</hi> der Freund<lb/> nicht ſchonen:<lb/> Dann übt der Jüngling ſtreitend ſeine Kräfte,<lb/> Fühlt was er iſt und fühlt ſich bald ein Mann.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [20/0028]
Torquato Taſſo
Alphons.
Laß uns zuſammen, liebe Schweſter, wirken,
Wie wir zu beyder Vortheil oft gethan!
Wenn ich zu eifrig bin, ſo lindre du:
Und biſt du zu gelind, ſo will ich treiben.
Wir ſehen dann auf einmal ihn vielleicht
Am Ziel, wo wir ihn lang’ gewünſcht zu ſehn.
Dann ſoll das Vaterland, es ſoll die Welt
Erſtaunen, welch ein Werk vollendet worden.
Ich nehme meinen Theil des Ruhms davon,
Und er wird in das Leben eingeführt.
Ein edler Menſch kann einem engen Kreiſe
Nicht ſeine Bildung danken. Vaterland
Und Welt muß auf ihn wirken. Ruhm und
Tadel
Muß er ertragen lernen. Sich und andre
Wird er gezwungen recht zu kennen. Ihn
Wiegt nicht die Einſamkeit mehr ſchmeichelnd
ein.
Es will der Feind — es darf der Freund
nicht ſchonen:
Dann übt der Jüngling ſtreitend ſeine Kräfte,
Fühlt was er iſt und fühlt ſich bald ein Mann.
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