Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790.Torquato Tasso So wird ein neuer Tag um mich herumUnd alle Bande fallen von mir los. Ich will dir gern gestehn, es hat der Mann, Der unerwartet zu uns trat, nicht sanft Aus einem schönen Traum mich aufgeweckt; Sein Wesen, seine Worte haben mich So wunderbar getroffen, daß ich mehr Als je mich doppelt fühle, mit mir selbst Auf's neu' in streitender Verwirrung bin. Prinzessinn. Es ist unmöglich, daß ein alter Freund, Der lang' entfernt ein fremdes Leben führte, Im Augenblick da er uns wiedersieht Sich wieder gleich wie ehmals finden soll. Er ist in seinem Innern nicht verändert; Laß uns mit ihm nur wenig Tage leben, So stimmen sich die Saiten hin und wieder, Bis glücklich eine schöne Harmonie Auf's neue sie verbindet. Wird er dann Auch näher kennen was du diese Zeit Geleistet hast: so stellt er dich gewiß Torquato Taſſo So wird ein neuer Tag um mich herumUnd alle Bande fallen von mir los. Ich will dir gern geſtehn, es hat der Mann, Der unerwartet zu uns trat, nicht ſanft Aus einem ſchönen Traum mich aufgeweckt; Sein Weſen, ſeine Worte haben mich So wunderbar getroffen, daß ich mehr Als je mich doppelt fühle, mit mir ſelbſt Auf’s neu’ in ſtreitender Verwirrung bin. Prinzeſſinn. Es iſt unmöglich, daß ein alter Freund, Der lang’ entfernt ein fremdes Leben führte, Im Augenblick da er uns wiederſieht Sich wieder gleich wie ehmals finden ſoll. Er iſt in ſeinem Innern nicht verändert; Laß uns mit ihm nur wenig Tage leben, So ſtimmen ſich die Saiten hin und wieder, Bis glücklich eine ſchöne Harmonie Auf’s neue ſie verbindet. Wird er dann Auch näher kennen was du dieſe Zeit Geleiſtet haſt: ſo ſtellt er dich gewiß <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#TAS"> <p><pb facs="#f0060" n="52"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Torquato Taſſo</hi></fw><lb/> So wird ein neuer Tag um mich herum<lb/> Und alle Bande fallen von mir los.<lb/> Ich will dir gern geſtehn, es hat der Mann,<lb/> Der unerwartet zu uns trat, nicht ſanft<lb/> Aus einem ſchönen Traum mich aufgeweckt;<lb/> Sein Weſen, ſeine Worte haben mich<lb/> So wunderbar getroffen, daß ich mehr<lb/> Als je mich doppelt fühle, mit mir ſelbſt<lb/> Auf’s neu’ in ſtreitender Verwirrung bin.</p> </sp><lb/> <sp who="#PRI"> <speaker><hi rendition="#g">Prinzeſſinn</hi>.</speaker><lb/> <p>Es iſt unmöglich, daß ein alter Freund,<lb/> Der lang’ entfernt ein fremdes Leben führte,<lb/> Im Augenblick da er uns wiederſieht<lb/> Sich wieder gleich wie ehmals finden ſoll.<lb/> Er iſt in ſeinem Innern nicht verändert;<lb/> Laß uns mit ihm nur wenig Tage leben,<lb/> So ſtimmen ſich die Saiten hin und wieder,<lb/> Bis glücklich eine ſchöne Harmonie<lb/> Auf’s neue ſie verbindet. Wird er dann<lb/> Auch näher kennen was du dieſe Zeit<lb/> Geleiſtet haſt: ſo ſtellt er dich gewiß<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [52/0060]
Torquato Taſſo
So wird ein neuer Tag um mich herum
Und alle Bande fallen von mir los.
Ich will dir gern geſtehn, es hat der Mann,
Der unerwartet zu uns trat, nicht ſanft
Aus einem ſchönen Traum mich aufgeweckt;
Sein Weſen, ſeine Worte haben mich
So wunderbar getroffen, daß ich mehr
Als je mich doppelt fühle, mit mir ſelbſt
Auf’s neu’ in ſtreitender Verwirrung bin.
Prinzeſſinn.
Es iſt unmöglich, daß ein alter Freund,
Der lang’ entfernt ein fremdes Leben führte,
Im Augenblick da er uns wiederſieht
Sich wieder gleich wie ehmals finden ſoll.
Er iſt in ſeinem Innern nicht verändert;
Laß uns mit ihm nur wenig Tage leben,
So ſtimmen ſich die Saiten hin und wieder,
Bis glücklich eine ſchöne Harmonie
Auf’s neue ſie verbindet. Wird er dann
Auch näher kennen was du dieſe Zeit
Geleiſtet haſt: ſo ſtellt er dich gewiß
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