Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790.Ein Schauspiel. Des Mahlers Pinsel und des Dichters Lippe,Die süßeste, die je von frühem Honig Genährt war, wünscht' ich mir. Nein, künf- tig soll Nicht Tasso zwischen Bäumen, zwischen Men- schen Sich einsam, schwach und trübgesinnt verlie- ren! Er ist nicht mehr allein, er ist mit Dir. O daß die edelste der Thaten sich Hier sichtbar vor mich stellte, rings umgeben Von gräßlicher Gefahr! Ich dränge zu Und wagte gern das Leben, das ich nun Von ihren Händen habe -- forderte Die besten Menschen mir zu Freunden auf, Unmögliches mit einer edeln Schaar Nach Ihrem Wink und Willen zu vollbringen. Voreiliger, warum verbarg dein Mund Nicht das was du empfandst, bis du dich werth Und werther ihr zu Füßen legen konntest? Das war dein Vorsatz, war dein kluger Wunsch. Ein Schauſpiel. Des Mahlers Pinſel und des Dichters Lippe,Die ſüßeſte, die je von frühem Honig Genährt war, wünſcht’ ich mir. Nein, künf- tig ſoll Nicht Taſſo zwiſchen Bäumen, zwiſchen Men- ſchen Sich einſam, ſchwach und trübgeſinnt verlie- ren! Er iſt nicht mehr allein, er iſt mit Dir. O daß die edelſte der Thaten ſich Hier ſichtbar vor mich ſtellte, rings umgeben Von gräßlicher Gefahr! Ich dränge zu Und wagte gern das Leben, das ich nun Von ihren Händen habe — forderte Die beſten Menſchen mir zu Freunden auf, Unmögliches mit einer edeln Schaar Nach Ihrem Wink und Willen zu vollbringen. Voreiliger, warum verbarg dein Mund Nicht das was du empfandſt, bis du dich werth Und werther ihr zu Füßen legen konnteſt? Das war dein Vorſatz, war dein kluger Wunſch. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#TAS"> <p><pb facs="#f0083" n="75"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ein Schauſpiel</hi>.</fw><lb/> Des Mahlers Pinſel und des Dichters Lippe,<lb/> Die ſüßeſte, die je von frühem Honig<lb/> Genährt war, wünſcht’ ich mir. Nein, künf-<lb/> tig ſoll<lb/> Nicht Taſſo zwiſchen Bäumen, zwiſchen Men-<lb/> ſchen<lb/> Sich einſam, ſchwach und trübgeſinnt verlie-<lb/> ren!<lb/> Er iſt nicht mehr allein, er iſt mit Dir.<lb/> O daß die edelſte der Thaten ſich<lb/> Hier ſichtbar vor mich ſtellte, rings umgeben<lb/> Von gräßlicher Gefahr! Ich dränge zu<lb/> Und wagte gern das Leben, das ich nun<lb/> Von ihren Händen habe — forderte<lb/> Die beſten Menſchen mir zu Freunden auf,<lb/> Unmögliches mit einer edeln Schaar<lb/> Nach Ihrem Wink und Willen zu vollbringen.<lb/> Voreiliger, warum verbarg dein Mund<lb/> Nicht das was du empfandſt, bis du dich<lb/> werth<lb/> Und werther ihr zu Füßen legen konnteſt?<lb/> Das war dein Vorſatz, war dein kluger Wunſch.<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [75/0083]
Ein Schauſpiel.
Des Mahlers Pinſel und des Dichters Lippe,
Die ſüßeſte, die je von frühem Honig
Genährt war, wünſcht’ ich mir. Nein, künf-
tig ſoll
Nicht Taſſo zwiſchen Bäumen, zwiſchen Men-
ſchen
Sich einſam, ſchwach und trübgeſinnt verlie-
ren!
Er iſt nicht mehr allein, er iſt mit Dir.
O daß die edelſte der Thaten ſich
Hier ſichtbar vor mich ſtellte, rings umgeben
Von gräßlicher Gefahr! Ich dränge zu
Und wagte gern das Leben, das ich nun
Von ihren Händen habe — forderte
Die beſten Menſchen mir zu Freunden auf,
Unmögliches mit einer edeln Schaar
Nach Ihrem Wink und Willen zu vollbringen.
Voreiliger, warum verbarg dein Mund
Nicht das was du empfandſt, bis du dich
werth
Und werther ihr zu Füßen legen konnteſt?
Das war dein Vorſatz, war dein kluger Wunſch.
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