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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

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ten Wein, mit Bezeichnung seines Geburts¬
jahrs; es fehlt nicht an Münzen verschiede¬
ner Art, in diesem Jahre geprägt: alles die¬
ses erhielten wir durch die Freygebigkeit un¬
sers Bauherrn. Auch ist hier noch mancher
Platz, wenn irgend ein Gast und Zuschauer
etwas der Nachwelt zu übergeben Belieben
trüge.

Nach einer kleinen Pause sah der Geselle
sich um; aber wie es in solchen Fällen zu
gehen pflegt, Niemand war vorbereitet, Je¬
dermann überrascht, bis endlich ein junger
munterer Officier anfing und sagte: wenn ich
etwas beytragen soll, das in dieser Schatz¬
kammer noch nicht niedergelegt ist; so muß
ich ein Paar Knöpfe von der Uniform schnei¬
den, die doch wohl auch verdienen auf die
Nachwelt zu kommen. Gesagt, gethan! und
nun hatte mancher einen ähnlichen Einfall.
Die Frauenzimmer säumten nicht von ihren
kleinen Haarkämmen hineinzulegen; Riech¬

ten Wein, mit Bezeichnung ſeines Geburts¬
jahrs; es fehlt nicht an Muͤnzen verſchiede¬
ner Art, in dieſem Jahre gepraͤgt: alles die¬
ſes erhielten wir durch die Freygebigkeit un¬
ſers Bauherrn. Auch iſt hier noch mancher
Platz, wenn irgend ein Gaſt und Zuſchauer
etwas der Nachwelt zu uͤbergeben Belieben
truͤge.

Nach einer kleinen Pauſe ſah der Geſelle
ſich um; aber wie es in ſolchen Faͤllen zu
gehen pflegt, Niemand war vorbereitet, Je¬
dermann uͤberraſcht, bis endlich ein junger
munterer Officier anfing und ſagte: wenn ich
etwas beytragen ſoll, das in dieſer Schatz¬
kammer noch nicht niedergelegt iſt; ſo muß
ich ein Paar Knoͤpfe von der Uniform ſchnei¬
den, die doch wohl auch verdienen auf die
Nachwelt zu kommen. Geſagt, gethan! und
nun hatte mancher einen aͤhnlichen Einfall.
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[157/0162] ten Wein, mit Bezeichnung ſeines Geburts¬ jahrs; es fehlt nicht an Muͤnzen verſchiede¬ ner Art, in dieſem Jahre gepraͤgt: alles die¬ ſes erhielten wir durch die Freygebigkeit un¬ ſers Bauherrn. Auch iſt hier noch mancher Platz, wenn irgend ein Gaſt und Zuſchauer etwas der Nachwelt zu uͤbergeben Belieben truͤge. Nach einer kleinen Pauſe ſah der Geſelle ſich um; aber wie es in ſolchen Faͤllen zu gehen pflegt, Niemand war vorbereitet, Je¬ dermann uͤberraſcht, bis endlich ein junger munterer Officier anfing und ſagte: wenn ich etwas beytragen ſoll, das in dieſer Schatz¬ kammer noch nicht niedergelegt iſt; ſo muß ich ein Paar Knoͤpfe von der Uniform ſchnei¬ den, die doch wohl auch verdienen auf die Nachwelt zu kommen. Geſagt, gethan! und nun hatte mancher einen aͤhnlichen Einfall. Die Frauenzimmer ſaͤumten nicht von ihren kleinen Haarkaͤmmen hineinzulegen; Riech¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/162>, abgerufen am 23.11.2024.