Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.Dreyzehntes Kapitel. Eduard von seiner Seite ist in einer ganz Dreyzehntes Kapitel. Eduard von ſeiner Seite iſt in einer ganz <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0227"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#g">Dreyzehntes Kapitel.</hi><lb/> </head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Eduard von ſeiner Seite iſt in einer ganz<lb/> verſchiedenen Stimmung. Zu ſchlafen denkt<lb/> er ſo wenig, daß es ihm nicht einmal ein¬<lb/> faͤllt ſich auszuziehen. Die Abſchrift des<lb/> Documents kuͤßt er tauſendmal, den An¬<lb/> fang von Ottiliens kindlich ſchuͤchterner Hand;<lb/> das Ende wagt er kaum zu kuͤſſen, weil er<lb/> ſeine eigene Hand zu ſehen glaubt. O daß<lb/> es ein andres Document waͤre! ſagt er ſich<lb/> im Stillen; und doch iſt es ihm auch ſo<lb/> ſchon die ſchoͤnſte Verſicherung, daß ſein hoͤch¬<lb/> ſter Wunſch erfuͤllt ſey. Bleibt es ja doch<lb/> in ſeinen Haͤnden, und wird er es nicht im¬<lb/> merfort an ſein Herz druͤcken, obgleich ent¬<lb/> ſtellt durch die Unterſchrift eines Dritten!</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0227]
Dreyzehntes Kapitel.
Eduard von ſeiner Seite iſt in einer ganz
verſchiedenen Stimmung. Zu ſchlafen denkt
er ſo wenig, daß es ihm nicht einmal ein¬
faͤllt ſich auszuziehen. Die Abſchrift des
Documents kuͤßt er tauſendmal, den An¬
fang von Ottiliens kindlich ſchuͤchterner Hand;
das Ende wagt er kaum zu kuͤſſen, weil er
ſeine eigene Hand zu ſehen glaubt. O daß
es ein andres Document waͤre! ſagt er ſich
im Stillen; und doch iſt es ihm auch ſo
ſchon die ſchoͤnſte Verſicherung, daß ſein hoͤch¬
ſter Wunſch erfuͤllt ſey. Bleibt es ja doch
in ſeinen Haͤnden, und wird er es nicht im¬
merfort an ſein Herz druͤcken, obgleich ent¬
ſtellt durch die Unterſchrift eines Dritten!
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