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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

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muß es auch gegen andere ein Verhältniß
haben.

Und das wird nach Verschiedenheit der
Wesen verschieden seyn, fuhr Eduard eilig
fort. Bald werden sie sich als Freunde und
alte Bekannte begegnen, die schnell zusam¬
mentreten, sich vereinigen, ohne an einander
etwas zu verändern, wie sich Wein mit Was¬
ser vermischt. Dagegen werden andre fremd
neben einander verharren und selbst durch
mechanisches Mischen und Reiben sich keines¬
weges verbinden; wie Oel und Wasser zu¬
sammengerüttelt sich den Augenblick wieder
aus einander sondert.

Es fehlt nicht viel, sagte Charlotte, so
sieht man in diesen einfachen Formen die
Menschen, die man gekannt hat; besonders
aber erinnert man sich dabey der Societäten,
in denen man lebte. Die meiste Aehnlichkeit
jedoch mit diesen seelenlosen Wesen haben die

muß es auch gegen andere ein Verhaͤltniß
haben.

Und das wird nach Verſchiedenheit der
Weſen verſchieden ſeyn, fuhr Eduard eilig
fort. Bald werden ſie ſich als Freunde und
alte Bekannte begegnen, die ſchnell zuſam¬
mentreten, ſich vereinigen, ohne an einander
etwas zu veraͤndern, wie ſich Wein mit Waſ¬
ſer vermiſcht. Dagegen werden andre fremd
neben einander verharren und ſelbſt durch
mechaniſches Miſchen und Reiben ſich keines¬
weges verbinden; wie Oel und Waſſer zu¬
ſammengeruͤttelt ſich den Augenblick wieder
aus einander ſondert.

Es fehlt nicht viel, ſagte Charlotte, ſo
ſieht man in dieſen einfachen Formen die
Menſchen, die man gekannt hat; beſonders
aber erinnert man ſich dabey der Societaͤten,
in denen man lebte. Die meiſte Aehnlichkeit
jedoch mit dieſen ſeelenloſen Weſen haben die

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[80/0085] muß es auch gegen andere ein Verhaͤltniß haben. Und das wird nach Verſchiedenheit der Weſen verſchieden ſeyn, fuhr Eduard eilig fort. Bald werden ſie ſich als Freunde und alte Bekannte begegnen, die ſchnell zuſam¬ mentreten, ſich vereinigen, ohne an einander etwas zu veraͤndern, wie ſich Wein mit Waſ¬ ſer vermiſcht. Dagegen werden andre fremd neben einander verharren und ſelbſt durch mechaniſches Miſchen und Reiben ſich keines¬ weges verbinden; wie Oel und Waſſer zu¬ ſammengeruͤttelt ſich den Augenblick wieder aus einander ſondert. Es fehlt nicht viel, ſagte Charlotte, ſo ſieht man in dieſen einfachen Formen die Menſchen, die man gekannt hat; beſonders aber erinnert man ſich dabey der Societaͤten, in denen man lebte. Die meiſte Aehnlichkeit jedoch mit dieſen ſeelenloſen Weſen haben die

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/85>, abgerufen am 23.11.2024.