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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.

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Das Ganze erhielt dadurch einen fremden
Ton und bereitete zu einer eigenen Stimmung.
Die Schönheit des Gewölbes und der Wände
ward durch die Zierde des Fußbodens erhöht,
der aus besonders geformten, nach einem schö¬
nen Muster gelegten, durch eine gegossene
Gipsfläche verbundenen Ziegelsteinen bestand.
Diese sowohl als die farbigen Scheiben hatte
der Architect heimlich bereiten lassen, und
konnte nun in kurzer Zeit alles zusammenfü¬
gen. Auch für Ruheplätze war gesorgt. Es
hatten sich unter jenen kirchlichen Alterthümern
einige schöngeschnitzte Chorstühle vorgefunden,
die nun gar schicklich an den Wänden ange¬
bracht umherstanden.

Ottilie freute sich der bekannten ihr als
ein unbekanntes Ganze entgegentretenden
Theile. Sie stand, ging hin und wieder,
sah und besah; endlich setzte sie sich auf einen
der Stühle und es schien ihr, indem sie auf
und umherblickte, als wenn sie wäre und

Das Ganze erhielt dadurch einen fremden
Ton und bereitete zu einer eigenen Stimmung.
Die Schoͤnheit des Gewoͤlbes und der Waͤnde
ward durch die Zierde des Fußbodens erhoͤht,
der aus beſonders geformten, nach einem ſchoͤ¬
nen Muſter gelegten, durch eine gegoſſene
Gipsflaͤche verbundenen Ziegelſteinen beſtand.
Dieſe ſowohl als die farbigen Scheiben hatte
der Architect heimlich bereiten laſſen, und
konnte nun in kurzer Zeit alles zuſammenfuͤ¬
gen. Auch fuͤr Ruheplaͤtze war geſorgt. Es
hatten ſich unter jenen kirchlichen Alterthuͤmern
einige ſchoͤngeſchnitzte Chorſtuͤhle vorgefunden,
die nun gar ſchicklich an den Waͤnden ange¬
bracht umherſtanden.

Ottilie freute ſich der bekannten ihr als
ein unbekanntes Ganze entgegentretenden
Theile. Sie ſtand, ging hin und wieder,
ſah und beſah; endlich ſetzte ſie ſich auf einen
der Stuͤhle und es ſchien ihr, indem ſie auf
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[39/0042] Das Ganze erhielt dadurch einen fremden Ton und bereitete zu einer eigenen Stimmung. Die Schoͤnheit des Gewoͤlbes und der Waͤnde ward durch die Zierde des Fußbodens erhoͤht, der aus beſonders geformten, nach einem ſchoͤ¬ nen Muſter gelegten, durch eine gegoſſene Gipsflaͤche verbundenen Ziegelſteinen beſtand. Dieſe ſowohl als die farbigen Scheiben hatte der Architect heimlich bereiten laſſen, und konnte nun in kurzer Zeit alles zuſammenfuͤ¬ gen. Auch fuͤr Ruheplaͤtze war geſorgt. Es hatten ſich unter jenen kirchlichen Alterthuͤmern einige ſchoͤngeſchnitzte Chorſtuͤhle vorgefunden, die nun gar ſchicklich an den Waͤnden ange¬ bracht umherſtanden. Ottilie freute ſich der bekannten ihr als ein unbekanntes Ganze entgegentretenden Theile. Sie ſtand, ging hin und wieder, ſah und beſah; endlich ſetzte ſie ſich auf einen der Stuͤhle und es ſchien ihr, indem ſie auf und umherblickte, als wenn ſie waͤre und

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/42>, abgerufen am 24.11.2024.