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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.

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Vorstellung von Poussin: Ahasverus und
Esther. Dießmal hatte sich Luciane besser
bedacht. Sie entwickelte in der ohnmächtig
hingesunkenen Königinn alle ihre Reize, und
hatte sich kluger Weise zu den umgebenden
unterstützenden Mädchen lauter hübsche wohl¬
gebildete Figuren ausgesucht, worunter sich
jedoch keine mit ihr auch nur im mindesten
messen konnte. Ottilie blieb von diesem Bilde
wie von den übrigen ausgeschlossen. Auf
den goldnen Thron hatten sie, um den Zevs
gleichen König vorzustellen, den rüstigsten und
schönsten Mann der Gesellschaft gewählt, so
daß dieses Bild wirklich eine unvergleichliche
Vollkommenheit gewann.

Als drittes hatte man die sogenannte vä¬
terliche Ermahnung von Terburg gewählt,
und wer kennt nicht den herrlichen Kupfer¬
stich unseres Wille von diesem Gemälde. Ei¬
nen Fuß über den andern geschlagen, sitzt ein
edler ritterlicher Vater und scheint seiner vor

Vorſtellung von Pouſſin: Ahasverus und
Eſther. Dießmal hatte ſich Luciane beſſer
bedacht. Sie entwickelte in der ohnmaͤchtig
hingeſunkenen Koͤniginn alle ihre Reize, und
hatte ſich kluger Weiſe zu den umgebenden
unterſtuͤtzenden Maͤdchen lauter huͤbſche wohl¬
gebildete Figuren ausgeſucht, worunter ſich
jedoch keine mit ihr auch nur im mindeſten
meſſen konnte. Ottilie blieb von dieſem Bilde
wie von den uͤbrigen ausgeſchloſſen. Auf
den goldnen Thron hatten ſie, um den Zevs
gleichen Koͤnig vorzuſtellen, den ruͤſtigſten und
ſchoͤnſten Mann der Geſellſchaft gewaͤhlt, ſo
daß dieſes Bild wirklich eine unvergleichliche
Vollkommenheit gewann.

Als drittes hatte man die ſogenannte vaͤ¬
terliche Ermahnung von Terburg gewaͤhlt,
und wer kennt nicht den herrlichen Kupfer¬
ſtich unſeres Wille von dieſem Gemaͤlde. Ei¬
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[90/0093] Vorſtellung von Pouſſin: Ahasverus und Eſther. Dießmal hatte ſich Luciane beſſer bedacht. Sie entwickelte in der ohnmaͤchtig hingeſunkenen Koͤniginn alle ihre Reize, und hatte ſich kluger Weiſe zu den umgebenden unterſtuͤtzenden Maͤdchen lauter huͤbſche wohl¬ gebildete Figuren ausgeſucht, worunter ſich jedoch keine mit ihr auch nur im mindeſten meſſen konnte. Ottilie blieb von dieſem Bilde wie von den uͤbrigen ausgeſchloſſen. Auf den goldnen Thron hatten ſie, um den Zevs gleichen Koͤnig vorzuſtellen, den ruͤſtigſten und ſchoͤnſten Mann der Geſellſchaft gewaͤhlt, ſo daß dieſes Bild wirklich eine unvergleichliche Vollkommenheit gewann. Als drittes hatte man die ſogenannte vaͤ¬ terliche Ermahnung von Terburg gewaͤhlt, und wer kennt nicht den herrlichen Kupfer¬ ſtich unſeres Wille von dieſem Gemaͤlde. Ei¬ nen Fuß uͤber den andern geſchlagen, ſitzt ein edler ritterlicher Vater und ſcheint ſeiner vor

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/93>, abgerufen am 24.11.2024.