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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Leiden des jungen Werthers. Bd. 1. Leipzig, 1774.

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Einschränkung zu herbergen. Jch hab auch hier
wieder ein Pläzchen angetroffen, das mich ange-
zogen hat.

Ohngefähr eine Stunde von der Stadt liegt
ein Ort, den sie Wahlheim*) nennen. Die Lage
an einem Hügel ist sehr interessant, und wenn man
oben auf dem Füßpfade zum Dorfe heraus geht,
übersieht man mit Einem das ganze Thal. Eine
gute Wirthin, die gefällig und munter in ihrem
Alter ist, schenkt Wein, Bier, Caffee, und was
über alles geht, sind zwey Linden, die mit ihren
ausgebreiteten Aesten den kleinen Plaz vor der
Kirche bedecken, der ringsum mit Bauerhäufern
Scheuern und Höfen eingeschlossen ist. So ver-
traulich, so heimlich hab ich nicht leicht ein Pläzchen
gefunden, und dahin laß ich mein Tischchen aus
dem Wirthshause bringen und meinen Stuhl, und
trinke meinen Caffee da, und lese meinen Homer.

Das
*) Der Leser wird sich keine Mühe geben, die
hier genannten Orte zu suchen, man hat sich
genöthigt gesehen, die im Originale befindli-
chen wahren Nahmen zu verändern.



Einſchraͤnkung zu herbergen. Jch hab auch hier
wieder ein Plaͤzchen angetroffen, das mich ange-
zogen hat.

Ohngefaͤhr eine Stunde von der Stadt liegt
ein Ort, den ſie Wahlheim*) nennen. Die Lage
an einem Huͤgel iſt ſehr intereſſant, und wenn man
oben auf dem Fuͤßpfade zum Dorfe heraus geht,
uͤberſieht man mit Einem das ganze Thal. Eine
gute Wirthin, die gefaͤllig und munter in ihrem
Alter iſt, ſchenkt Wein, Bier, Caffee, und was
uͤber alles geht, ſind zwey Linden, die mit ihren
ausgebreiteten Aeſten den kleinen Plaz vor der
Kirche bedecken, der ringsum mit Bauerhaͤufern
Scheuern und Hoͤfen eingeſchloſſen iſt. So ver-
traulich, ſo heimlich hab ich nicht leicht ein Plaͤzchen
gefunden, und dahin laß ich mein Tiſchchen aus
dem Wirthshauſe bringen und meinen Stuhl, und
trinke meinen Caffee da, und leſe meinen Homer.

Das
*) Der Leſer wird ſich keine Muͤhe geben, die
hier genannten Orte zu ſuchen, man hat ſich
genoͤthigt geſehen, die im Originale befindli-
chen wahren Nahmen zu veraͤndern.
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[20/0020] Einſchraͤnkung zu herbergen. Jch hab auch hier wieder ein Plaͤzchen angetroffen, das mich ange- zogen hat. Ohngefaͤhr eine Stunde von der Stadt liegt ein Ort, den ſie Wahlheim *) nennen. Die Lage an einem Huͤgel iſt ſehr intereſſant, und wenn man oben auf dem Fuͤßpfade zum Dorfe heraus geht, uͤberſieht man mit Einem das ganze Thal. Eine gute Wirthin, die gefaͤllig und munter in ihrem Alter iſt, ſchenkt Wein, Bier, Caffee, und was uͤber alles geht, ſind zwey Linden, die mit ihren ausgebreiteten Aeſten den kleinen Plaz vor der Kirche bedecken, der ringsum mit Bauerhaͤufern Scheuern und Hoͤfen eingeſchloſſen iſt. So ver- traulich, ſo heimlich hab ich nicht leicht ein Plaͤzchen gefunden, und dahin laß ich mein Tiſchchen aus dem Wirthshauſe bringen und meinen Stuhl, und trinke meinen Caffee da, und leſe meinen Homer. Das *) Der Leſer wird ſich keine Muͤhe geben, die hier genannten Orte zu ſuchen, man hat ſich genoͤthigt geſehen, die im Originale befindli- chen wahren Nahmen zu veraͤndern.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Leiden des jungen Werthers. Bd. 1. Leipzig, 1774, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_werther01_1774/20>, abgerufen am 21.11.2024.