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Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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Nagel. Als er herunter kömmt in das Tod-
tengewölbe, so nagelt er den Nagel fest an
den einen Sarg. Die andern lauern oben
bey dem Küster einige Stunden. Er kömmt
nicht wieder. Endlich gehen sie zusammen
herunter. Da liegt er todt neben dem
Sarge.

Als sie ihn aufheben wollen, finden sie,
daß er sich unten aus Versehen den Rockzi-
pfel mit angenagelt hat. So wie er nun
hat fortgehen wollen, bleibt er hängen. Er
glaubt nicht anders, als der Todte halte ihn
fest. Das macht ihm einen solchen Schreck,
daß das Blut erstarrt, und er in Ohumacht
fällt. Als sie ihn an die frische Luft brin-
gen, und er wieder zu sich selber kömmt, hat
er bekannt, daß es ihm so ergangen sey.
Durch eine solche natürliche Kleinigkeit wur-
de seine Vermessenheit bestraft. Was hatte
er des Nachts bey den Todten zu thun? Die

Tod-

Nagel. Als er herunter koͤmmt in das Tod-
tengewoͤlbe, ſo nagelt er den Nagel feſt an
den einen Sarg. Die andern lauern oben
bey dem Kuͤſter einige Stunden. Er koͤmmt
nicht wieder. Endlich gehen ſie zuſammen
herunter. Da liegt er todt neben dem
Sarge.

Als ſie ihn aufheben wollen, finden ſie,
daß er ſich unten aus Verſehen den Rockzi-
pfel mit angenagelt hat. So wie er nun
hat fortgehen wollen, bleibt er haͤngen. Er
glaubt nicht anders, als der Todte halte ihn
feſt. Das macht ihm einen ſolchen Schreck,
daß das Blut erſtarrt, und er in Ohumacht
faͤllt. Als ſie ihn an die friſche Luft brin-
gen, und er wieder zu ſich ſelber koͤmmt, hat
er bekannt, daß es ihm ſo ergangen ſey.
Durch eine ſolche natuͤrliche Kleinigkeit wur-
de ſeine Vermeſſenheit beſtraft. Was hatte
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[232/0254] Nagel. Als er herunter koͤmmt in das Tod- tengewoͤlbe, ſo nagelt er den Nagel feſt an den einen Sarg. Die andern lauern oben bey dem Kuͤſter einige Stunden. Er koͤmmt nicht wieder. Endlich gehen ſie zuſammen herunter. Da liegt er todt neben dem Sarge. Als ſie ihn aufheben wollen, finden ſie, daß er ſich unten aus Verſehen den Rockzi- pfel mit angenagelt hat. So wie er nun hat fortgehen wollen, bleibt er haͤngen. Er glaubt nicht anders, als der Todte halte ihn feſt. Das macht ihm einen ſolchen Schreck, daß das Blut erſtarrt, und er in Ohumacht faͤllt. Als ſie ihn an die friſche Luft brin- gen, und er wieder zu ſich ſelber koͤmmt, hat er bekannt, daß es ihm ſo ergangen ſey. Durch eine ſolche natuͤrliche Kleinigkeit wur- de ſeine Vermeſſenheit beſtraft. Was hatte er des Nachts bey den Todten zu thun? Die Tod-

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Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783/254>, abgerufen am 24.11.2024.