Ich freue mich herzlich, daß ich dir deine Furcht benehmen kann.
Weißt du wohl, warum man den klei- nen Kindern das vom Nickelmann vorspricht? Bloß darum, daß sie sich vor dem Wasser fürchten, nicht zu nahe hingehen, hineinfal- len und ersaufen sollen. Das ist die ganze Sache. Einen solchen Nickelmann, wie ihn die Leute beschreiben, giebts gar nicht. Mer- ke das wohl. Nämlich einen Kerl oder Weib, die halb nackend im Wasser säßen, im Was- ser lebten, und gleichsam wilde Menschen wä- ren, die grüne Haare hätten, und den Kin- dern nachstellten. Das alles ist bloß um der Kinder willen erdichtet. Hast du wohl das grüne langhaarigte Mooß gesehen, das sich unten im Wasser, in dem langen Graben vor dem Thore, wo wir immer spazieren gehen, angesetzt hat? Siehe, dieß Wassermooß hat Gelegenheit zu der Erdichtung oder zu dem
Mähr-
Ich freue mich herzlich, daß ich dir deine Furcht benehmen kann.
Weißt du wohl, warum man den klei- nen Kindern das vom Nickelmann vorſpricht? Bloß darum, daß ſie ſich vor dem Waſſer fuͤrchten, nicht zu nahe hingehen, hineinfal- len und erſaufen ſollen. Das iſt die ganze Sache. Einen ſolchen Nickelmann, wie ihn die Leute beſchreiben, giebts gar nicht. Mer- ke das wohl. Naͤmlich einen Kerl oder Weib, die halb nackend im Waſſer ſaͤßen, im Waſ- ſer lebten, und gleichſam wilde Menſchen waͤ- ren, die gruͤne Haare haͤtten, und den Kin- dern nachſtellten. Das alles iſt bloß um der Kinder willen erdichtet. Haſt du wohl das gruͤne langhaarigte Mooß geſehen, das ſich unten im Waſſer, in dem langen Graben vor dem Thore, wo wir immer ſpazieren gehen, angeſetzt hat? Siehe, dieß Waſſermooß hat Gelegenheit zu der Erdichtung oder zu dem
Maͤhr-
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Ich freue mich herzlich, daß ich dir deine
Furcht benehmen kann.
Weißt du wohl, warum man den klei-
nen Kindern das vom Nickelmann vorſpricht?
Bloß darum, daß ſie ſich vor dem Waſſer
fuͤrchten, nicht zu nahe hingehen, hineinfal-
len und erſaufen ſollen. Das iſt die ganze
Sache. Einen ſolchen Nickelmann, wie ihn
die Leute beſchreiben, giebts gar nicht. Mer-
ke das wohl. Naͤmlich einen Kerl oder Weib,
die halb nackend im Waſſer ſaͤßen, im Waſ-
ſer lebten, und gleichſam wilde Menſchen waͤ-
ren, die gruͤne Haare haͤtten, und den Kin-
dern nachſtellten. Das alles iſt bloß um der
Kinder willen erdichtet. Haſt du wohl das
gruͤne langhaarigte Mooß geſehen, das ſich
unten im Waſſer, in dem langen Graben vor
dem Thore, wo wir immer ſpazieren gehen,
angeſetzt hat? Siehe, dieß Waſſermooß hat
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Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783/60>, abgerufen am 16.02.2025.
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