Steht auf, und werdet wieder meine Kin- der. Durch Undank hörtet ihr auf es zu seyn -- hörtet auf, Menschen zu seyn -- wurdet Ungeheuer, und aus Neid und Bosheit an andern zu Mördern, wie ihr an Dorchen be- wiesen habt, das doch so sehr für euch gebe- ten hat. O was hat das für ein Herz gegen das eurige!
Karl. Ach Vater! vergeben Sie doch.
Charlotte. Nur dießmal vergeben Sie. Wir wissen nun erst, was Wohlthaten sind.
Vater. Da sie euch entzogen sind, wisset ihrs. Aber ist dadurch schon euer Herz gebes- sert? Ist euer Dank, den ihr vorgebt, nicht erzwungen? Wollet ihr künftig euren Neid, eure Tücke und Bosheit ablegen? Dann sollt ihr wieder meine Kinder seyn. Werdet selbst so gut gesinnt, wie Dorchen, so dürft ihrs nicht beneiden.
Karl.
Vater (weint auch, erholt ſich, und ſagt:)
Steht auf, und werdet wieder meine Kin- der. Durch Undank hoͤrtet ihr auf es zu ſeyn — hoͤrtet auf, Menſchen zu ſeyn — wurdet Ungeheuer, und aus Neid und Bosheit an andern zu Moͤrdern, wie ihr an Dorchen be- wieſen habt, das doch ſo ſehr fuͤr euch gebe- ten hat. O was hat das fuͤr ein Herz gegen das eurige!
Karl. Ach Vater! vergeben Sie doch.
Charlotte. Nur dießmal vergeben Sie. Wir wiſſen nun erſt, was Wohlthaten ſind.
Vater. Da ſie euch entzogen ſind, wiſſet ihrs. Aber iſt dadurch ſchon euer Herz gebeſ- ſert? Iſt euer Dank, den ihr vorgebt, nicht erzwungen? Wollet ihr kuͤnftig euren Neid, eure Tuͤcke und Bosheit ablegen? Dann ſollt ihr wieder meine Kinder ſeyn. Werdet ſelbſt ſo gut geſinnt, wie Dorchen, ſo duͤrft ihrs nicht beneiden.
Karl.
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Vater (weint auch, erholt ſich, und ſagt:)
Steht auf, und werdet wieder meine Kin-
der. Durch Undank hoͤrtet ihr auf es zu ſeyn
— hoͤrtet auf, Menſchen zu ſeyn — wurdet
Ungeheuer, und aus Neid und Bosheit an
andern zu Moͤrdern, wie ihr an Dorchen be-
wieſen habt, das doch ſo ſehr fuͤr euch gebe-
ten hat. O was hat das fuͤr ein Herz gegen
das eurige!
Karl. Ach Vater! vergeben Sie doch.
Charlotte. Nur dießmal vergeben Sie.
Wir wiſſen nun erſt, was Wohlthaten ſind.
Vater. Da ſie euch entzogen ſind, wiſſet
ihrs. Aber iſt dadurch ſchon euer Herz gebeſ-
ſert? Iſt euer Dank, den ihr vorgebt, nicht
erzwungen? Wollet ihr kuͤnftig euren Neid,
eure Tuͤcke und Bosheit ablegen? Dann ſollt
ihr wieder meine Kinder ſeyn. Werdet ſelbſt
ſo gut geſinnt, wie Dorchen, ſo duͤrft ihrs
nicht beneiden.
Karl.
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Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/136>, abgerufen am 24.11.2024.
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