Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Ein unter den gemeinen Leuten sehr gemei-
ner, aber höchst dummer und unvernünftiger
Aberglaube. Sie glauben: es käme des Nachts
ein gewisses Ding zu ihnen, lege sich über sie
her, und drücke sie so entsetzlich, daß sie keine
Luft bekommen könnten, sondern bald ersticken
müßten. Es kniffe sie braun und blau, daß
sie des andern Morgens noch die Blutflecke
an sich hätten. Fragt man sie, was ist
denn der Alp? so wissen sie es selbst nicht.
Genug, die Sage haben sie von Großmutter
und Aeltermutter geerbt. Und dabey bleibt
es. Es ist der Alp, oder die Marte, wie
sie sagen, die sie gedrückt hat. Die armen
Leute! Wie sind sie zu bedauern? Doch sie
verdienen es beynahe nicht, weil sie es nicht
besser haben, und andern verständigen Leuten
nicht glauben wollen, wenn sie es ihnen auch
erklären.

Da
N 3

Ein unter den gemeinen Leuten ſehr gemei-
ner, aber hoͤchſt dummer und unvernuͤnftiger
Aberglaube. Sie glauben: es kaͤme des Nachts
ein gewiſſes Ding zu ihnen, lege ſich uͤber ſie
her, und druͤcke ſie ſo entſetzlich, daß ſie keine
Luft bekommen koͤnnten, ſondern bald erſticken
muͤßten. Es kniffe ſie braun und blau, daß
ſie des andern Morgens noch die Blutflecke
an ſich haͤtten. Fragt man ſie, was iſt
denn der Alp? ſo wiſſen ſie es ſelbſt nicht.
Genug, die Sage haben ſie von Großmutter
und Aeltermutter geerbt. Und dabey bleibt
es. Es iſt der Alp, oder die Marte, wie
ſie ſagen, die ſie gedruͤckt hat. Die armen
Leute! Wie ſind ſie zu bedauern? Doch ſie
verdienen es beynahe nicht, weil ſie es nicht
beſſer haben, und andern verſtaͤndigen Leuten
nicht glauben wollen, wenn ſie es ihnen auch
erklaͤren.

Da
N 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0219" n="197"/>
        <p>Ein unter den gemeinen Leuten &#x017F;ehr gemei-<lb/>
ner, aber ho&#x0364;ch&#x017F;t dummer und unvernu&#x0364;nftiger<lb/>
Aberglaube. Sie glauben: es ka&#x0364;me des Nachts<lb/>
ein gewi&#x017F;&#x017F;es Ding zu ihnen, lege &#x017F;ich u&#x0364;ber &#x017F;ie<lb/>
her, und dru&#x0364;cke &#x017F;ie &#x017F;o ent&#x017F;etzlich, daß &#x017F;ie keine<lb/>
Luft bekommen ko&#x0364;nnten, &#x017F;ondern bald er&#x017F;ticken<lb/>
mu&#x0364;ßten. Es kniffe &#x017F;ie braun und blau, daß<lb/>
&#x017F;ie des andern Morgens noch die Blutflecke<lb/>
an &#x017F;ich ha&#x0364;tten. Fragt man &#x017F;ie, was i&#x017F;t<lb/>
denn der Alp? &#x017F;o wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie es &#x017F;elb&#x017F;t nicht.<lb/>
Genug, die Sage haben &#x017F;ie von Großmutter<lb/>
und Aeltermutter geerbt. Und dabey bleibt<lb/>
es. Es i&#x017F;t der <hi rendition="#fr">Alp</hi>, oder die <hi rendition="#fr">Marte</hi>, wie<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;agen, die &#x017F;ie gedru&#x0364;ckt hat. Die armen<lb/>
Leute! Wie &#x017F;ind &#x017F;ie zu bedauern? Doch &#x017F;ie<lb/>
verdienen es beynahe nicht, weil &#x017F;ie es nicht<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er haben, und andern ver&#x017F;ta&#x0364;ndigen Leuten<lb/>
nicht glauben wollen, wenn &#x017F;ie es ihnen auch<lb/>
erkla&#x0364;ren.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">N 3</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Da</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[197/0219] Ein unter den gemeinen Leuten ſehr gemei- ner, aber hoͤchſt dummer und unvernuͤnftiger Aberglaube. Sie glauben: es kaͤme des Nachts ein gewiſſes Ding zu ihnen, lege ſich uͤber ſie her, und druͤcke ſie ſo entſetzlich, daß ſie keine Luft bekommen koͤnnten, ſondern bald erſticken muͤßten. Es kniffe ſie braun und blau, daß ſie des andern Morgens noch die Blutflecke an ſich haͤtten. Fragt man ſie, was iſt denn der Alp? ſo wiſſen ſie es ſelbſt nicht. Genug, die Sage haben ſie von Großmutter und Aeltermutter geerbt. Und dabey bleibt es. Es iſt der Alp, oder die Marte, wie ſie ſagen, die ſie gedruͤckt hat. Die armen Leute! Wie ſind ſie zu bedauern? Doch ſie verdienen es beynahe nicht, weil ſie es nicht beſſer haben, und andern verſtaͤndigen Leuten nicht glauben wollen, wenn ſie es ihnen auch erklaͤren. Da N 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/219
Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/219>, abgerufen am 24.11.2024.