nichts heilsamer, als sich oft ihrer Sterblich- keit zu erinnern.
Glaubt es mir, liebsten Kinder! -- glaubt es eurem Vater, der schon so viele Erfahrun- gen des menschlichen Lebens hat -- es hat mich in meiner Kindheit und Jugend nichts mehr vom Bösen zurückgehalten, als wenn ich dachte: Du könntest in diesem Augenblicke sterben. Wolltest du wohl in und mit einer bösen That sterben?
Es hat mich auch nichts mehr zum Gu- ten, zum Gehorsam gegen meine Aeltern und Lehrer, zur Mäßigkeit, zur Vorsichtigkeit, zur Ehrlichkeit und Treue, und zu einer unge- heuchelten Gottesfurcht ermuntert, als wenn ich dachte: Wenn du so stürbest, so könnte dich der liebe Gott doch nicht abweisen. Du dürftest dich nicht vor ihm fürchten, und hät- test ein gutes Gewissen.
Damals
nichts heilſamer, als ſich oft ihrer Sterblich- keit zu erinnern.
Glaubt es mir, liebſten Kinder! — glaubt es eurem Vater, der ſchon ſo viele Erfahrun- gen des menſchlichen Lebens hat — es hat mich in meiner Kindheit und Jugend nichts mehr vom Boͤſen zuruͤckgehalten, als wenn ich dachte: Du koͤnnteſt in dieſem Augenblicke ſterben. Wollteſt du wohl in und mit einer boͤſen That ſterben?
Es hat mich auch nichts mehr zum Gu- ten, zum Gehorſam gegen meine Aeltern und Lehrer, zur Maͤßigkeit, zur Vorſichtigkeit, zur Ehrlichkeit und Treue, und zu einer unge- heuchelten Gottesfurcht ermuntert, als wenn ich dachte: Wenn du ſo ſtuͤrbeſt, ſo koͤnnte dich der liebe Gott doch nicht abweiſen. Du duͤrfteſt dich nicht vor ihm fuͤrchten, und haͤt- teſt ein gutes Gewiſſen.
Damals
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0371"n="349"/>
nichts heilſamer, als ſich oft ihrer Sterblich-<lb/>
keit zu erinnern.</p><lb/><p>Glaubt es mir, liebſten Kinder! — glaubt<lb/>
es eurem Vater, der ſchon ſo viele Erfahrun-<lb/>
gen des menſchlichen Lebens hat — es hat<lb/>
mich in meiner Kindheit und Jugend nichts<lb/>
mehr vom Boͤſen zuruͤckgehalten, als wenn<lb/>
ich dachte: Du koͤnnteſt in dieſem Augenblicke<lb/>ſterben. Wollteſt du wohl in und mit einer<lb/>
boͤſen That ſterben?</p><lb/><p>Es hat mich auch nichts mehr zum Gu-<lb/>
ten, zum Gehorſam gegen meine Aeltern und<lb/>
Lehrer, zur Maͤßigkeit, zur Vorſichtigkeit, zur<lb/>
Ehrlichkeit und Treue, und zu einer unge-<lb/>
heuchelten Gottesfurcht ermuntert, als wenn<lb/>
ich dachte: Wenn du ſo ſtuͤrbeſt, ſo koͤnnte<lb/>
dich der liebe Gott doch nicht abweiſen. Du<lb/>
duͤrfteſt dich nicht vor ihm fuͤrchten, und haͤt-<lb/>
teſt ein gutes Gewiſſen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Damals</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[349/0371]
nichts heilſamer, als ſich oft ihrer Sterblich-
keit zu erinnern.
Glaubt es mir, liebſten Kinder! — glaubt
es eurem Vater, der ſchon ſo viele Erfahrun-
gen des menſchlichen Lebens hat — es hat
mich in meiner Kindheit und Jugend nichts
mehr vom Boͤſen zuruͤckgehalten, als wenn
ich dachte: Du koͤnnteſt in dieſem Augenblicke
ſterben. Wollteſt du wohl in und mit einer
boͤſen That ſterben?
Es hat mich auch nichts mehr zum Gu-
ten, zum Gehorſam gegen meine Aeltern und
Lehrer, zur Maͤßigkeit, zur Vorſichtigkeit, zur
Ehrlichkeit und Treue, und zu einer unge-
heuchelten Gottesfurcht ermuntert, als wenn
ich dachte: Wenn du ſo ſtuͤrbeſt, ſo koͤnnte
dich der liebe Gott doch nicht abweiſen. Du
duͤrfteſt dich nicht vor ihm fuͤrchten, und haͤt-
teſt ein gutes Gewiſſen.
Damals
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/371>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.