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Goldschmidt, Henriette: Das Erziehungswerk Friedrich Fröbels. Eisenach, 1899.

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In erhebender, aber auch in beschämender Weise zeigt der Gang, den
die Fröbellehre genommen, diese, ihre kosmopolitische Bedeutung; es be-
währt sich an ihrem Schöpfer auch das Wort: "Der Prophet gilt nichts in
seinem Lande." Es darf nicht verschwiegen werden: Der Pädagoge Fröbel
gilt im Auslande mehr als im Inlande.

Mußte ja das erste Hilfsbuch für die Fröbelsche Methode in englischer
und französischer Sprache: "Manuel pour les petits enfants" erscheinen. Man lese
die Anerkennungsschreiben, die Frau von Marenholz-Bülow von den ersten
Staatsmännern und Schriftstellern Frankreichs, Englands, Belgiens, der
Schweiz erhalten, und vergleiche damit die Unterschätzung, mit der noch
heute die Arbeit auf unserem Gebiete zu kämpfen hat. -- Und hat nicht
unsere verehrte Frl. Heerwart aus England und aus ihrer dortigen
Wirksamkeit sich die Kraft geholt, eine Vereinigung der Kindergärtnerinnen
in Deutschland zu schaffen. Auch die meisten ihrer Schriften sind zuerst in
englischer Sprache erschienen und sind in Amerika und in England bekannter,
als hier; einige von ihnen sind dort in 22. Auflage erschienen.

Den Verein der Kindergärtnerinnen, den wir ihr verdanken, und der
gewiß nicht nur für den Stand der Kindergärtnerinnen sich förderlich er-
weisen wird, dieser Schritt auf "Neuen Bahnen" steht aber in Zusammen-
hang mit der schon genannten Bewegung, die die Frauen aller Länder er-
griffen: ihr Anfang für uns in Deutschland liegt in jener ersten Konferenz
in Leipzig, am 18. Oktober 1865, wo zum ersten Mal deutsche Frauen in
öffentlicher Versammlung berieten und zu einem Vereine, dem Allgemeinen
deutschen Frauenvereine, sich zusammenschlossen. Kaum 20 Mitglieder
zählte der Verein bei seiner Gründung; indeß ist eine so große umfassende
Vereinsthätigkeit, vielfach durch diese Anregung entstanden, daß der vor 6
Jahren gegründete Bund deutscher Frauenvereine 105 Vereine zählt, die
eine Mitgliederzahl von 60000 Personen in sich schließen, und zu dem ja
auch unser Kindergärtnerinnenverein gehört.

Aber wunderbar genug: Dreißig Jahre vor jener ersten Vereinigung
von Frauen hat Friedrich Fröbel hier an dieser Stelle es ausgesprochen:

"Die Gemeinsamkeit weiblichen Wirkens soll und muß sein. Lassen Sie
sich nicht von dem Irrwahn beschleichen, als sei das weibliche Geschlecht
nicht in Gemeinsamkeit zur Förderung des Menschenwohls berufen."

Hochverehrte Versammelten! Ich weiß nicht, ob ein Nachklang jener
Worte, die vor 60 Jahren hier ertönten, in Ihrem Gedächtnisse lebt.
Sechzig Jahre sind ein kurzer Zeitraum in der Entwickelung der Gesamtheit,
für den einzelnen Menschen bedeuten sie einen Wechsel von drei Geschlechtern.
Und wenn nach den neusten Annahmen das dritte Geschlecht zum ersten
zurückkehrt, "der Enkel die Züge des Ahnen erhält", so kann ich die Hoff-
nung hegen, daß die jetzt lebende Jugend ein freundliches Ohr für Gedanken
haben wird, die damals ihre Großeltern begeisterten.

Hier, an dieser Stätte ist der Ruf zur Gründung eines deutschen Kinder-
gartens nicht nur an die Männer und Väter, sondern auch, und sogar
vorzugsweise, an Frauen und Jungfrauen ergangen, hier ist auch der erste
deutsche, der erste Kindergarten überhaupt gegründet worden. Warum ist
er nicht vorhanden? Hat man unterdeß die Erfahrung gemacht, daß Fröbel
in einem Wahn befangen gewesen? Sehen Sie sich um, nicht nur im
Vaterlande -- richten Sie Ihren Blick in die Nachbarstaaten -- nach den
verschiedenen Erdteilen, die schwarzen Kinder in Afrika spielen unsere
Kindergartenspiele. Ueberall wo nur irgend eine Spur von Civilisation
einzieht, zieht der Kindergarten mit ein.

In erhebender, aber auch in beschämender Weise zeigt der Gang, den
die Fröbellehre genommen, diese, ihre kosmopolitische Bedeutung; es be-
währt sich an ihrem Schöpfer auch das Wort: „Der Prophet gilt nichts in
seinem Lande.“ Es darf nicht verschwiegen werden: Der Pädagoge Fröbel
gilt im Auslande mehr als im Inlande.

Mußte ja das erste Hilfsbuch für die Fröbelsche Methode in englischer
und französischer Sprache: „Manuel pour les petits enfants“ erscheinen. Man lese
die Anerkennungsschreiben, die Frau von Marenholz-Bülow von den ersten
Staatsmännern und Schriftstellern Frankreichs, Englands, Belgiens, der
Schweiz erhalten, und vergleiche damit die Unterschätzung, mit der noch
heute die Arbeit auf unserem Gebiete zu kämpfen hat. — Und hat nicht
unsere verehrte Frl. Heerwart aus England und aus ihrer dortigen
Wirksamkeit sich die Kraft geholt, eine Vereinigung der Kindergärtnerinnen
in Deutschland zu schaffen. Auch die meisten ihrer Schriften sind zuerst in
englischer Sprache erschienen und sind in Amerika und in England bekannter,
als hier; einige von ihnen sind dort in 22. Auflage erschienen.

Den Verein der Kindergärtnerinnen, den wir ihr verdanken, und der
gewiß nicht nur für den Stand der Kindergärtnerinnen sich förderlich er-
weisen wird, dieser Schritt auf „Neuen Bahnen“ steht aber in Zusammen-
hang mit der schon genannten Bewegung, die die Frauen aller Länder er-
griffen: ihr Anfang für uns in Deutschland liegt in jener ersten Konferenz
in Leipzig, am 18. Oktober 1865, wo zum ersten Mal deutsche Frauen in
öffentlicher Versammlung berieten und zu einem Vereine, dem Allgemeinen
deutschen Frauenvereine, sich zusammenschlossen. Kaum 20 Mitglieder
zählte der Verein bei seiner Gründung; indeß ist eine so große umfassende
Vereinsthätigkeit, vielfach durch diese Anregung entstanden, daß der vor 6
Jahren gegründete Bund deutscher Frauenvereine 105 Vereine zählt, die
eine Mitgliederzahl von 60000 Personen in sich schließen, und zu dem ja
auch unser Kindergärtnerinnenverein gehört.

Aber wunderbar genug: Dreißig Jahre vor jener ersten Vereinigung
von Frauen hat Friedrich Fröbel hier an dieser Stelle es ausgesprochen:

„Die Gemeinsamkeit weiblichen Wirkens soll und muß sein. Lassen Sie
sich nicht von dem Irrwahn beschleichen, als sei das weibliche Geschlecht
nicht in Gemeinsamkeit zur Förderung des Menschenwohls berufen.“

Hochverehrte Versammelten! Ich weiß nicht, ob ein Nachklang jener
Worte, die vor 60 Jahren hier ertönten, in Ihrem Gedächtnisse lebt.
Sechzig Jahre sind ein kurzer Zeitraum in der Entwickelung der Gesamtheit,
für den einzelnen Menschen bedeuten sie einen Wechsel von drei Geschlechtern.
Und wenn nach den neusten Annahmen das dritte Geschlecht zum ersten
zurückkehrt, „der Enkel die Züge des Ahnen erhält“, so kann ich die Hoff-
nung hegen, daß die jetzt lebende Jugend ein freundliches Ohr für Gedanken
haben wird, die damals ihre Großeltern begeisterten.

Hier, an dieser Stätte ist der Ruf zur Gründung eines deutschen Kinder-
gartens nicht nur an die Männer und Väter, sondern auch, und sogar
vorzugsweise, an Frauen und Jungfrauen ergangen, hier ist auch der erste
deutsche, der erste Kindergarten überhaupt gegründet worden. Warum ist
er nicht vorhanden? Hat man unterdeß die Erfahrung gemacht, daß Fröbel
in einem Wahn befangen gewesen? Sehen Sie sich um, nicht nur im
Vaterlande — richten Sie Ihren Blick in die Nachbarstaaten — nach den
verschiedenen Erdteilen, die schwarzen Kinder in Afrika spielen unsere
Kindergartenspiele. Ueberall wo nur irgend eine Spur von Civilisation
einzieht, zieht der Kindergarten mit ein.

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[11/0011] In erhebender, aber auch in beschämender Weise zeigt der Gang, den die Fröbellehre genommen, diese, ihre kosmopolitische Bedeutung; es be- währt sich an ihrem Schöpfer auch das Wort: „Der Prophet gilt nichts in seinem Lande.“ Es darf nicht verschwiegen werden: Der Pädagoge Fröbel gilt im Auslande mehr als im Inlande. Mußte ja das erste Hilfsbuch für die Fröbelsche Methode in englischer und französischer Sprache: „Manuel pour les petits enfants“ erscheinen. Man lese die Anerkennungsschreiben, die Frau von Marenholz-Bülow von den ersten Staatsmännern und Schriftstellern Frankreichs, Englands, Belgiens, der Schweiz erhalten, und vergleiche damit die Unterschätzung, mit der noch heute die Arbeit auf unserem Gebiete zu kämpfen hat. — Und hat nicht unsere verehrte Frl. Heerwart aus England und aus ihrer dortigen Wirksamkeit sich die Kraft geholt, eine Vereinigung der Kindergärtnerinnen in Deutschland zu schaffen. Auch die meisten ihrer Schriften sind zuerst in englischer Sprache erschienen und sind in Amerika und in England bekannter, als hier; einige von ihnen sind dort in 22. Auflage erschienen. Den Verein der Kindergärtnerinnen, den wir ihr verdanken, und der gewiß nicht nur für den Stand der Kindergärtnerinnen sich förderlich er- weisen wird, dieser Schritt auf „Neuen Bahnen“ steht aber in Zusammen- hang mit der schon genannten Bewegung, die die Frauen aller Länder er- griffen: ihr Anfang für uns in Deutschland liegt in jener ersten Konferenz in Leipzig, am 18. Oktober 1865, wo zum ersten Mal deutsche Frauen in öffentlicher Versammlung berieten und zu einem Vereine, dem Allgemeinen deutschen Frauenvereine, sich zusammenschlossen. Kaum 20 Mitglieder zählte der Verein bei seiner Gründung; indeß ist eine so große umfassende Vereinsthätigkeit, vielfach durch diese Anregung entstanden, daß der vor 6 Jahren gegründete Bund deutscher Frauenvereine 105 Vereine zählt, die eine Mitgliederzahl von 60000 Personen in sich schließen, und zu dem ja auch unser Kindergärtnerinnenverein gehört. Aber wunderbar genug: Dreißig Jahre vor jener ersten Vereinigung von Frauen hat Friedrich Fröbel hier an dieser Stelle es ausgesprochen: „Die Gemeinsamkeit weiblichen Wirkens soll und muß sein. Lassen Sie sich nicht von dem Irrwahn beschleichen, als sei das weibliche Geschlecht nicht in Gemeinsamkeit zur Förderung des Menschenwohls berufen.“ Hochverehrte Versammelten! Ich weiß nicht, ob ein Nachklang jener Worte, die vor 60 Jahren hier ertönten, in Ihrem Gedächtnisse lebt. Sechzig Jahre sind ein kurzer Zeitraum in der Entwickelung der Gesamtheit, für den einzelnen Menschen bedeuten sie einen Wechsel von drei Geschlechtern. Und wenn nach den neusten Annahmen das dritte Geschlecht zum ersten zurückkehrt, „der Enkel die Züge des Ahnen erhält“, so kann ich die Hoff- nung hegen, daß die jetzt lebende Jugend ein freundliches Ohr für Gedanken haben wird, die damals ihre Großeltern begeisterten. Hier, an dieser Stätte ist der Ruf zur Gründung eines deutschen Kinder- gartens nicht nur an die Männer und Väter, sondern auch, und sogar vorzugsweise, an Frauen und Jungfrauen ergangen, hier ist auch der erste deutsche, der erste Kindergarten überhaupt gegründet worden. Warum ist er nicht vorhanden? Hat man unterdeß die Erfahrung gemacht, daß Fröbel in einem Wahn befangen gewesen? Sehen Sie sich um, nicht nur im Vaterlande — richten Sie Ihren Blick in die Nachbarstaaten — nach den verschiedenen Erdteilen, die schwarzen Kinder in Afrika spielen unsere Kindergartenspiele. Ueberall wo nur irgend eine Spur von Civilisation einzieht, zieht der Kindergarten mit ein.

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Zitationshilfe: Goldschmidt, Henriette: Das Erziehungswerk Friedrich Fröbels. Eisenach, 1899, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goldschmidt_froebel_1899/11>, abgerufen am 21.11.2024.