Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Erbschleicher.
glaub' ich, so viel heißen, als: auf dem
Todbette. Der Briefsteller muß ein Studierter
seyn.
Gerhard. O, ich errathe den Pasquillan-
ten, ich kenn' ihn. Morgen des Tags belang' ich
ihn Injuriarum. ' Her mit dem Briefe!
W. Ungew. Hören Sie erst Alles!
Gerhard. Noch mehr?
W. Ungew. (mit steigender Geschwindigkeit.) Bey
diesem ärgerlichen Wandel, bey dieser täglich zu-
nehmenden Verfinsterung Ihres Verstandes, blei-
be der Ehre und Wohlfahrt der Familie nichts
übrig -- wie denn auch alles schon gehörigen
Orts
eingeleitet sey -- als den Herrn Vetter
für einen Verschwender, für einen Blödsinnigen
zu erklären - - -
Gerhard (mit zunehmender Bangigkeit.) Mich?
W. Ungew. Ihnen einen geschickten und
erfahrnen Advokaten zum Curator bonorum zu
bestellen - - -
Gerhard. Mir einen Curator?
W. Ungew. Sie selbst aber, zur Verhü-
tung verdrüßlicher Folgen, in sichere Ver-
wahrung
bringen zu lassen.
Gerhard (außer sich, springt auf.) Mich?
Die Erbſchleicher.
glaub’ ich, ſo viel heißen, als: auf dem
Todbette. Der Briefſteller muß ein Studierter
ſeyn.
Gerhard. O, ich errathe den Pasquillan-
ten, ich kenn’ ihn. Morgen des Tags belang’ ich
ihn Injuriarum. ’ Her mit dem Briefe!
W. Ungew. Hoͤren Sie erſt Alles!
Gerhard. Noch mehr?
W. Ungew. (mit ſteigender Geſchwindigkeit.) Bey
dieſem aͤrgerlichen Wandel, bey dieſer taͤglich zu-
nehmenden Verfinſterung Ihres Verſtandes, blei-
be der Ehre und Wohlfahrt der Familie nichts
uͤbrig — wie denn auch alles ſchon gehoͤrigen
Orts
eingeleitet ſey — als den Herrn Vetter
fuͤr einen Verſchwender, fuͤr einen Bloͤdſinnigen
zu erklaͤren - - -
Gerhard (mit zunehmender Bangigkeit.) Mich?
W. Ungew. Ihnen einen geſchickten und
erfahrnen Advokaten zum Curator bonorum zu
beſtellen - - -
Gerhard. Mir einen Curator?
W. Ungew. Sie ſelbſt aber, zur Verhuͤ-
tung verdruͤßlicher Folgen, in ſichere Ver-
wahrung
bringen zu laſſen.
Gerhard (außer ſich, ſpringt auf.) Mich?
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#WUNGE">
            <p><pb facs="#f0136" n="130"/><fw place="top" type="header">Die Erb&#x017F;chleicher.</fw><lb/>
glaub&#x2019; ich, &#x017F;o viel heißen, als: auf dem<lb/>
Todbette. Der Brief&#x017F;teller muß ein Studierter<lb/>
&#x017F;eyn.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard.</hi> </speaker>
            <p>O, ich errathe den Pasquillan-<lb/>
ten, ich kenn&#x2019; ihn. Morgen des Tags belang&#x2019; ich<lb/>
ihn Injuriarum. &#x2019; Her mit dem Briefe!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#WUNGE">
            <speaker> <hi rendition="#fr">W. Ungew.</hi> </speaker>
            <p>Ho&#x0364;ren Sie er&#x017F;t Alles!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard.</hi> </speaker>
            <p>Noch mehr?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#WUNGE">
            <speaker> <hi rendition="#fr">W. Ungew.</hi> </speaker>
            <stage>(mit &#x017F;teigender Ge&#x017F;chwindigkeit.)</stage>
            <p>Bey<lb/>
die&#x017F;em a&#x0364;rgerlichen Wandel, bey die&#x017F;er ta&#x0364;glich zu-<lb/>
nehmenden Verfin&#x017F;terung Ihres Ver&#x017F;tandes, blei-<lb/>
be der Ehre und Wohlfahrt der Familie nichts<lb/>
u&#x0364;brig &#x2014; wie denn auch alles &#x017F;chon <hi rendition="#g">geho&#x0364;rigen<lb/>
Orts</hi> eingeleitet &#x017F;ey &#x2014; als den Herrn Vetter<lb/>
fu&#x0364;r einen Ver&#x017F;chwender, fu&#x0364;r einen Blo&#x0364;d&#x017F;innigen<lb/>
zu erkla&#x0364;ren - - -</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard</hi> </speaker>
            <stage>(mit zunehmender Bangigkeit.)</stage>
            <p>Mich?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#WUNGE">
            <speaker> <hi rendition="#fr">W. Ungew.</hi> </speaker>
            <p>Ihnen einen ge&#x017F;chickten und<lb/>
erfahrnen Advokaten zum <hi rendition="#aq">Curator bonorum</hi> zu<lb/>
be&#x017F;tellen - - -</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard.</hi> </speaker>
            <p>Mir einen <hi rendition="#aq">Curator?</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#WUNGE">
            <speaker> <hi rendition="#fr">W. Ungew.</hi> </speaker>
            <p>Sie &#x017F;elb&#x017F;t aber, zur Verhu&#x0364;-<lb/>
tung verdru&#x0364;ßlicher Folgen, in <hi rendition="#g">&#x017F;ichere Ver-<lb/>
wahrung</hi> bringen zu la&#x017F;&#x017F;en.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard</hi> </speaker>
            <stage>(außer &#x017F;ich, &#x017F;pringt auf.)</stage>
            <p>Mich?<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[130/0136] Die Erbſchleicher. glaub’ ich, ſo viel heißen, als: auf dem Todbette. Der Briefſteller muß ein Studierter ſeyn. Gerhard. O, ich errathe den Pasquillan- ten, ich kenn’ ihn. Morgen des Tags belang’ ich ihn Injuriarum. ’ Her mit dem Briefe! W. Ungew. Hoͤren Sie erſt Alles! Gerhard. Noch mehr? W. Ungew. (mit ſteigender Geſchwindigkeit.) Bey dieſem aͤrgerlichen Wandel, bey dieſer taͤglich zu- nehmenden Verfinſterung Ihres Verſtandes, blei- be der Ehre und Wohlfahrt der Familie nichts uͤbrig — wie denn auch alles ſchon gehoͤrigen Orts eingeleitet ſey — als den Herrn Vetter fuͤr einen Verſchwender, fuͤr einen Bloͤdſinnigen zu erklaͤren - - - Gerhard (mit zunehmender Bangigkeit.) Mich? W. Ungew. Ihnen einen geſchickten und erfahrnen Advokaten zum Curator bonorum zu beſtellen - - - Gerhard. Mir einen Curator? W. Ungew. Sie ſelbſt aber, zur Verhuͤ- tung verdruͤßlicher Folgen, in ſichere Ver- wahrung bringen zu laſſen. Gerhard (außer ſich, ſpringt auf.) Mich?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gotter_erbschleicher_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gotter_erbschleicher_1789/136
Zitationshilfe: Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotter_erbschleicher_1789/136>, abgerufen am 25.11.2024.