Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789.Die Erbschleicher. wird sie besser wissen, als ich. Dreymal ging ichunter ihrem Fenster vorbey. Sie that nicht, als ob sie mich bemerkte. Dreymal war ich auf ih- rer Treppe, und gab das Zeichen, worauf sie sonst so schnell und fröhlich aus dem Zimmer schlüpf- te. Und sie kam nicht. Justine. Weil ihre Mutter es ihr verboten hatte. Sternberg (bitter.) O, wenn sie mich lieb- te -- eine thörichte Mutter verdient keinen Gehorsam! Justine. Jetzt begreif' ich deine Laune. Dem mißvergnügten Liebhaber ist die ganze Welt gleich- gültig. -- Ich muß dich aufheitern. -- Du sprachst von Komödie. Laß uns eine spielen! (Legt ihren Arm auf seine Schulter.) Sternberg (unwillig.) Ach! Justine. Runzele die Stirne, wie du willst. Es ist eine herrliche Posse. (Den Arm in die Seite stemmend.) Hier steht der Autor! -- Der Titel ist: Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Sternberg. Hör auf! Justine. Aber mit dem Rollenlernen wollen wir uns den Kopf nicht zerbrechen. Wir extem- poriren. -- Du bist der Notarius. Die Erbſchleicher. wird ſie beſſer wiſſen, als ich. Dreymal ging ichunter ihrem Fenſter vorbey. Sie that nicht, als ob ſie mich bemerkte. Dreymal war ich auf ih- rer Treppe, und gab das Zeichen, worauf ſie ſonſt ſo ſchnell und froͤhlich aus dem Zimmer ſchluͤpf- te. Und ſie kam nicht. Juſtine. Weil ihre Mutter es ihr verboten hatte. Sternberg (bitter.) O, wenn ſie mich lieb- te — eine thoͤrichte Mutter verdient keinen Gehorſam! Juſtine. Jetzt begreif’ ich deine Laune. Dem mißvergnuͤgten Liebhaber iſt die ganze Welt gleich- guͤltig. — Ich muß dich aufheitern. — Du ſprachſt von Komoͤdie. Laß uns eine ſpielen! (Legt ihren Arm auf ſeine Schulter.) Sternberg (unwillig.) Ach! Juſtine. Runzele die Stirne, wie du willſt. Es iſt eine herrliche Poſſe. (Den Arm in die Seite ſtemmend.) Hier ſteht der Autor! — Der Titel iſt: Wer zuletzt lacht, lacht am beſten. Sternberg. Hoͤr auf! Juſtine. Aber mit dem Rollenlernen wollen wir uns den Kopf nicht zerbrechen. Wir extem- poriren. — Du biſt der Notarius. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#STE"> <p><pb facs="#f0156" n="150"/><fw place="top" type="header">Die Erbſchleicher.</fw><lb/> wird ſie beſſer wiſſen, als ich. Dreymal ging ich<lb/> unter ihrem Fenſter vorbey. Sie that nicht, als<lb/> ob ſie mich bemerkte. Dreymal war ich auf ih-<lb/> rer Treppe, und gab das Zeichen, worauf ſie ſonſt<lb/> ſo ſchnell und froͤhlich aus dem Zimmer ſchluͤpf-<lb/> te. Und ſie kam nicht.</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Juſtine.</hi> </speaker> <p>Weil ihre Mutter es ihr verboten<lb/> hatte.</p> </sp><lb/> <sp who="#STE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Sternberg</hi> </speaker> <stage>(bitter.)</stage> <p>O, wenn ſie mich <hi rendition="#g">lieb-<lb/> te</hi> — eine <hi rendition="#g">thoͤrichte</hi> Mutter verdient keinen<lb/> Gehorſam!</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Juſtine.</hi> </speaker> <p>Jetzt begreif’ ich deine Laune. Dem<lb/> mißvergnuͤgten Liebhaber iſt die ganze Welt gleich-<lb/> guͤltig. — Ich muß dich aufheitern. — Du<lb/> ſprachſt von Komoͤdie. Laß uns eine ſpielen!</p><lb/> <stage>(Legt ihren Arm auf ſeine Schulter.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#STE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Sternberg</hi> </speaker> <stage>(unwillig.)</stage> <p>Ach!</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Juſtine.</hi> </speaker> <p>Runzele die Stirne, wie du willſt.<lb/> Es iſt eine herrliche Poſſe.</p> <stage>(Den Arm in die Seite<lb/> ſtemmend.)</stage> <p>Hier ſteht der Autor! — Der Titel<lb/> iſt: <hi rendition="#g">Wer zuletzt lacht, lacht am beſten.</hi></p> </sp><lb/> <sp who="#STE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Sternberg.</hi> </speaker> <p>Hoͤr auf!</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Juſtine.</hi> </speaker> <p>Aber mit dem Rollenlernen wollen<lb/> wir uns den Kopf nicht zerbrechen. Wir extem-<lb/> poriren. — Du biſt der Notarius.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [150/0156]
Die Erbſchleicher.
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ob ſie mich bemerkte. Dreymal war ich auf ih-
rer Treppe, und gab das Zeichen, worauf ſie ſonſt
ſo ſchnell und froͤhlich aus dem Zimmer ſchluͤpf-
te. Und ſie kam nicht.
Juſtine. Weil ihre Mutter es ihr verboten
hatte.
Sternberg (bitter.) O, wenn ſie mich lieb-
te — eine thoͤrichte Mutter verdient keinen
Gehorſam!
Juſtine. Jetzt begreif’ ich deine Laune. Dem
mißvergnuͤgten Liebhaber iſt die ganze Welt gleich-
guͤltig. — Ich muß dich aufheitern. — Du
ſprachſt von Komoͤdie. Laß uns eine ſpielen!
(Legt ihren Arm auf ſeine Schulter.)
Sternberg (unwillig.) Ach!
Juſtine. Runzele die Stirne, wie du willſt.
Es iſt eine herrliche Poſſe. (Den Arm in die Seite
ſtemmend.) Hier ſteht der Autor! — Der Titel
iſt: Wer zuletzt lacht, lacht am beſten.
Sternberg. Hoͤr auf!
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wir uns den Kopf nicht zerbrechen. Wir extem-
poriren. — Du biſt der Notarius.
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Zitationshilfe: | Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotter_erbschleicher_1789/156>, abgerufen am 16.02.2025. |