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Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789.

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Die Erbschleicher.
Weinhold. Ihre Prophezeihung, Muhme!
(Bläst) Buh! gehts aus!
Justine (weinerlich.) Die Freude über Ihre
Ankunft hat ihm den Rest gegeben. Ach, wie
er diesen Mittag einigemale laut lachte, wie er
Sie zum Trinken nöthigte, wie er Ihnen das
Quartier anbot, wie er endlich gar vom Testa-
mente anfing, da überliefs mich eiskalt. "Ach,"
sagt' ich zu Benedikten, "das sind Zeichen vor sei-
nem Ende!"
W. Ungew. (zu Justinen.) Wie überfiels ihn
aber? Erzähle Sie doch! War Sie zugegen?
Justine (mit zunehmenden Schluchzen.) Ach, ich
zittere noch, wie Espenlaub! Ich komme herun-
ter -- ich find ihn nicht -- ich rufe -- ich
öffne das Kabinet -- da liegt er! -- "Schlum-
mern Sie, Herr Gerhard?" -- Keine Ant-
wort. -- Ich trete näher -- ich seh ihm ins
Gesicht -- Ich ergreife seine Hand -- Er
schlug die Augen auf -- "Mu -- Mu --
Muhme!" fing er an zu stammeln -- Er hielt
mich für Sie -- Krak! brach ihm das Herz --
Kaum hatt' ich Zeit, das Fenster aufzureissen,
um die arme Seele hinaus zu lassen.
W. Ungew. (in Verzweiflung.) Ohne ein Te-
stament zu machen!
Die Erbſchleicher.
Weinhold. Ihre Prophezeihung, Muhme!
(Bläſt) Buh! gehts aus!
Juſtine (weinerlich.) Die Freude uͤber Ihre
Ankunft hat ihm den Reſt gegeben. Ach, wie
er dieſen Mittag einigemale laut lachte, wie er
Sie zum Trinken noͤthigte, wie er Ihnen das
Quartier anbot, wie er endlich gar vom Teſta-
mente anfing, da uͤberliefs mich eiskalt. „Ach,“
ſagt’ ich zu Benedikten, „das ſind Zeichen vor ſei-
nem Ende!“
W. Ungew. (zu Juſtinen.) Wie uͤberfiels ihn
aber? Erzaͤhle Sie doch! War Sie zugegen?
Juſtine (mit zunehmenden Schluchzen.) Ach, ich
zittere noch, wie Eſpenlaub! Ich komme herun-
ter — ich find ihn nicht — ich rufe — ich
oͤffne das Kabinet — da liegt er! — „Schlum-
mern Sie, Herr Gerhard?“ — Keine Ant-
wort. — Ich trete naͤher — ich ſeh ihm ins
Geſicht — Ich ergreife ſeine Hand — Er
ſchlug die Augen auf — „Mu — Mu —
Muhme!“ fing er an zu ſtammeln — Er hielt
mich fuͤr Sie — Krak! brach ihm das Herz —
Kaum hatt’ ich Zeit, das Fenſter aufzureiſſen,
um die arme Seele hinaus zu laſſen.
W. Ungew. (in Verzweiflung.) Ohne ein Te-
ſtament zu machen!
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[182/0188] Die Erbſchleicher. Weinhold. Ihre Prophezeihung, Muhme! (Bläſt) Buh! gehts aus! Juſtine (weinerlich.) Die Freude uͤber Ihre Ankunft hat ihm den Reſt gegeben. Ach, wie er dieſen Mittag einigemale laut lachte, wie er Sie zum Trinken noͤthigte, wie er Ihnen das Quartier anbot, wie er endlich gar vom Teſta- mente anfing, da uͤberliefs mich eiskalt. „Ach,“ ſagt’ ich zu Benedikten, „das ſind Zeichen vor ſei- nem Ende!“ W. Ungew. (zu Juſtinen.) Wie uͤberfiels ihn aber? Erzaͤhle Sie doch! War Sie zugegen? Juſtine (mit zunehmenden Schluchzen.) Ach, ich zittere noch, wie Eſpenlaub! Ich komme herun- ter — ich find ihn nicht — ich rufe — ich oͤffne das Kabinet — da liegt er! — „Schlum- mern Sie, Herr Gerhard?“ — Keine Ant- wort. — Ich trete naͤher — ich ſeh ihm ins Geſicht — Ich ergreife ſeine Hand — Er ſchlug die Augen auf — „Mu — Mu — Muhme!“ fing er an zu ſtammeln — Er hielt mich fuͤr Sie — Krak! brach ihm das Herz — Kaum hatt’ ich Zeit, das Fenſter aufzureiſſen, um die arme Seele hinaus zu laſſen. W. Ungew. (in Verzweiflung.) Ohne ein Te- ſtament zu machen!

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Zitationshilfe: Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotter_erbschleicher_1789/188>, abgerufen am 21.11.2024.