Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Erbschleicher.
Gerhard. Gehorsamer Diener! Alles Glück
ist auf meiner Seite.
Mad. Anker. Blos und allein auf der un-
srigen.
Gerhard. O, gehorsamer Diener! (Er greift
dann und wann beym Komplimentiren, aus Gewohnheit
und Verlegenheit an die Perücke, wie an seine Mütze,
und verschiebt sie. Justine, die hinter ihm steht, rückt
sie jedesmal wieder zurechte.)
Also wollen Sie mich
haben, mein schönes Bräutchen?
Mad. Anker (mit starkem Accent.) Therese!
Therese (verneigt sich tief und setzt sich tief.)
Gerhard (halb aufstehend.) O, gehorsamer
Diener!
(Zu Madam Anker.) Sie sagt weder ja
noch nein.
Mad. Anker. Sie macht meiner Erziehung
Ehre. In solchen Fällen hat nur die Mutter zu
reden.
Gerhard. Ich darf mir also schmeicheln, daß
die Mamsell Tochter --
Mad. Anker. Es ist noch ein zartes Wachs,
das jeden Druck annimmt. Sie wird sich ganz
nach Ihrem Wohlgefallen formen.
Gerhard. O, gehorsamer Diener! (scherzhaft.)
Wer hätte das vor achtzehn Jahren gedacht, Frau
Mama?
C 3
Die Erbſchleicher.
Gerhard. Gehorſamer Diener! Alles Gluͤck
iſt auf meiner Seite.
Mad. Anker. Blos und allein auf der un-
ſrigen.
Gerhard. O, gehorſamer Diener! (Er greift
dann und wann beym Komplimentiren, aus Gewohnheit
und Verlegenheit an die Perücke, wie an ſeine Mütze,
und verſchiebt ſie. Juſtine, die hinter ihm ſteht, rückt
ſie jedesmal wieder zurechte.)
Alſo wollen Sie mich
haben, mein ſchoͤnes Braͤutchen?
Mad. Anker (mit ſtarkem Accent.) Thereſe!
Thereſe (verneigt ſich tief und ſetzt ſich tief.)
Gerhard (halb aufſtehend.) O, gehorſamer
Diener!
(Zu Madam Anker.) Sie ſagt weder ja
noch nein.
Mad. Anker. Sie macht meiner Erziehung
Ehre. In ſolchen Faͤllen hat nur die Mutter zu
reden.
Gerhard. Ich darf mir alſo ſchmeicheln, daß
die Mamſell Tochter —
Mad. Anker. Es iſt noch ein zartes Wachs,
das jeden Druck annimmt. Sie wird ſich ganz
nach Ihrem Wohlgefallen formen.
Gerhard. O, gehorſamer Diener! (ſcherzhaft.)
Wer haͤtte das vor achtzehn Jahren gedacht, Frau
Mama?
C 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0043" n="37"/>
          <fw place="top" type="header">Die Erb&#x017F;chleicher.</fw><lb/>
          <sp who="#GER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard.</hi> </speaker>
            <p>Gehor&#x017F;amer Diener! Alles Glu&#x0364;ck<lb/>
i&#x017F;t auf meiner Seite.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ANKER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Mad. Anker.</hi> </speaker>
            <p>Blos und allein auf der un-<lb/>
&#x017F;rigen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard.</hi> </speaker>
            <p>O, gehor&#x017F;amer Diener!</p>
            <stage>(Er greift<lb/>
dann und wann beym Komplimentiren, aus Gewohnheit<lb/>
und Verlegenheit an die Perücke, wie an &#x017F;eine Mütze,<lb/>
und ver&#x017F;chiebt &#x017F;ie. Ju&#x017F;tine, die hinter ihm &#x017F;teht, rückt<lb/>
&#x017F;ie jedesmal wieder zurechte.)</stage>
            <p>Al&#x017F;o wollen Sie mich<lb/>
haben, mein &#x017F;cho&#x0364;nes Bra&#x0364;utchen?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ANKER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Mad. Anker</hi> </speaker>
            <stage>(mit &#x017F;tarkem Accent.)</stage>
            <p>There&#x017F;e!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#THE">
            <speaker> <hi rendition="#fr">There&#x017F;e</hi> </speaker>
            <stage>(verneigt &#x017F;ich tief und &#x017F;etzt &#x017F;ich tief.)</stage>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard</hi> </speaker>
            <stage>(halb auf&#x017F;tehend.)</stage>
            <p>O, gehor&#x017F;amer<lb/>
Diener!</p>
            <stage>(Zu Madam Anker.)</stage>
            <p>Sie &#x017F;agt weder ja<lb/>
noch nein.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ANKER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Mad. Anker.</hi> </speaker>
            <p>Sie macht meiner Erziehung<lb/>
Ehre. In &#x017F;olchen Fa&#x0364;llen hat nur die Mutter zu<lb/>
reden.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard.</hi> </speaker>
            <p>Ich darf mir al&#x017F;o &#x017F;chmeicheln, daß<lb/>
die Mam&#x017F;ell Tochter &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ANKER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Mad. Anker.</hi> </speaker>
            <p>Es i&#x017F;t noch ein zartes Wachs,<lb/>
das jeden Druck annimmt. Sie wird &#x017F;ich ganz<lb/>
nach Ihrem Wohlgefallen formen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard.</hi> </speaker>
            <p>O, gehor&#x017F;amer Diener!</p>
            <stage>(&#x017F;cherzhaft.)</stage><lb/>
            <p>Wer ha&#x0364;tte das vor achtzehn Jahren gedacht, Frau<lb/>
Mama?</p>
          </sp><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">C 3</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[37/0043] Die Erbſchleicher. Gerhard. Gehorſamer Diener! Alles Gluͤck iſt auf meiner Seite. Mad. Anker. Blos und allein auf der un- ſrigen. Gerhard. O, gehorſamer Diener! (Er greift dann und wann beym Komplimentiren, aus Gewohnheit und Verlegenheit an die Perücke, wie an ſeine Mütze, und verſchiebt ſie. Juſtine, die hinter ihm ſteht, rückt ſie jedesmal wieder zurechte.) Alſo wollen Sie mich haben, mein ſchoͤnes Braͤutchen? Mad. Anker (mit ſtarkem Accent.) Thereſe! Thereſe (verneigt ſich tief und ſetzt ſich tief.) Gerhard (halb aufſtehend.) O, gehorſamer Diener! (Zu Madam Anker.) Sie ſagt weder ja noch nein. Mad. Anker. Sie macht meiner Erziehung Ehre. In ſolchen Faͤllen hat nur die Mutter zu reden. Gerhard. Ich darf mir alſo ſchmeicheln, daß die Mamſell Tochter — Mad. Anker. Es iſt noch ein zartes Wachs, das jeden Druck annimmt. Sie wird ſich ganz nach Ihrem Wohlgefallen formen. Gerhard. O, gehorſamer Diener! (ſcherzhaft.) Wer haͤtte das vor achtzehn Jahren gedacht, Frau Mama? C 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gotter_erbschleicher_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gotter_erbschleicher_1789/43
Zitationshilfe: Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotter_erbschleicher_1789/43>, abgerufen am 03.12.2024.