Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789.Die Erbschleicher. Therese. Sagen Sie mir doch! -- Wie bald ist die Hochzeit, Papachen? (Tändelt verschämt mit ihrer Schürze) Gerhard. Schmeichelhafte Ungeduld! Justine. Treuherzige Frage! Gerhard. In acht Tagen, mein Schätz- chen? Therese. Warum denn nicht heute? -- Die Mama hat mir zwar verboten, das merken zu lassen. (Immer schneller.) Aber ist es denn eine Sünde, sich zu freuen, daß man schöne Kleider bekömmt, und die Freyheit, zu reden und zu thun, was man will? -- Seh Sie nur Jung- fer Justine! Geh' ich nicht, wie eine alte Matro- ne? und so, wie ich gehe, muß ich leben -- einförmig und traurig. Justine. Armes Kind! Therese. Von der Nähnadel zum Strickzeug, vom Strickzeug in die Küche! Abends mit den Hühnern zu Bette! und zur Belohnung -- alle hohe Feste einen Kaffeebesuch bey meiner Frau Pathe, oder ein Spaziergang in der Mittags- hitze. Justine. Armes Kind! Therese. Das Wort divertissement giebt Die Erbſchleicher. Thereſe. Sagen Sie mir doch! — Wie bald iſt die Hochzeit, Papachen? (Tändelt verſchämt mit ihrer Schürze) Gerhard. Schmeichelhafte Ungeduld! Juſtine. Treuherzige Frage! Gerhard. In acht Tagen, mein Schaͤtz- chen? Thereſe. Warum denn nicht heute? — Die Mama hat mir zwar verboten, das merken zu laſſen. (Immer ſchneller.) Aber iſt es denn eine Suͤnde, ſich zu freuen, daß man ſchoͤne Kleider bekoͤmmt, und die Freyheit, zu reden und zu thun, was man will? — Seh Sie nur Jung- fer Juſtine! Geh’ ich nicht, wie eine alte Matro- ne? und ſo, wie ich gehe, muß ich leben — einfoͤrmig und traurig. Juſtine. Armes Kind! Thereſe. Von der Naͤhnadel zum Strickzeug, vom Strickzeug in die Kuͤche! Abends mit den Huͤhnern zu Bette! und zur Belohnung — alle hohe Feſte einen Kaffeebeſuch bey meiner Frau Pathe, oder ein Spaziergang in der Mittags- hitze. Juſtine. Armes Kind! Thereſe. Das Wort divertiſſement giebt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0065" n="59"/> <fw place="top" type="header">Die Erbſchleicher.</fw><lb/> <sp who="#THE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Thereſe.</hi> </speaker> <p>Sagen Sie mir doch! — Wie<lb/> bald iſt die Hochzeit, Papachen?</p> <stage>(Tändelt verſchämt<lb/> mit ihrer Schürze)</stage> </sp><lb/> <sp who="#GER"> <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard.</hi> </speaker> <p>Schmeichelhafte Ungeduld!</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Juſtine.</hi> </speaker> <p>Treuherzige Frage!</p> </sp><lb/> <sp who="#GER"> <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard.</hi> </speaker> <p>In acht Tagen, mein Schaͤtz-<lb/> chen?</p> </sp><lb/> <sp who="#THE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Thereſe.</hi> </speaker> <p>Warum denn nicht heute? — Die<lb/> Mama hat mir zwar verboten, das merken zu<lb/> laſſen.</p> <stage>(Immer ſchneller.)</stage> <p>Aber iſt es denn eine<lb/> Suͤnde, ſich zu freuen, daß man ſchoͤne Kleider<lb/> bekoͤmmt, und die Freyheit, zu reden und zu<lb/> thun, was man will? — Seh Sie nur Jung-<lb/> fer Juſtine! Geh’ ich nicht, wie eine alte Matro-<lb/> ne? und ſo, wie ich gehe, muß ich leben —<lb/> einfoͤrmig und traurig.</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Juſtine.</hi> </speaker> <p>Armes Kind!</p> </sp><lb/> <sp who="#THE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Thereſe.</hi> </speaker> <p>Von der Naͤhnadel zum Strickzeug,<lb/> vom Strickzeug in die Kuͤche! Abends mit den<lb/> Huͤhnern zu Bette! und zur Belohnung — alle<lb/> hohe Feſte einen Kaffeebeſuch bey meiner Frau<lb/> Pathe, oder ein Spaziergang in der Mittags-<lb/> hitze.</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Juſtine.</hi> </speaker> <p>Armes Kind!</p> </sp><lb/> <sp who="#THE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Thereſe.</hi> </speaker> <p>Das Wort <hi rendition="#aq">divertiſſement</hi> giebt<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [59/0065]
Die Erbſchleicher.
Thereſe. Sagen Sie mir doch! — Wie
bald iſt die Hochzeit, Papachen? (Tändelt verſchämt
mit ihrer Schürze)
Gerhard. Schmeichelhafte Ungeduld!
Juſtine. Treuherzige Frage!
Gerhard. In acht Tagen, mein Schaͤtz-
chen?
Thereſe. Warum denn nicht heute? — Die
Mama hat mir zwar verboten, das merken zu
laſſen. (Immer ſchneller.) Aber iſt es denn eine
Suͤnde, ſich zu freuen, daß man ſchoͤne Kleider
bekoͤmmt, und die Freyheit, zu reden und zu
thun, was man will? — Seh Sie nur Jung-
fer Juſtine! Geh’ ich nicht, wie eine alte Matro-
ne? und ſo, wie ich gehe, muß ich leben —
einfoͤrmig und traurig.
Juſtine. Armes Kind!
Thereſe. Von der Naͤhnadel zum Strickzeug,
vom Strickzeug in die Kuͤche! Abends mit den
Huͤhnern zu Bette! und zur Belohnung — alle
hohe Feſte einen Kaffeebeſuch bey meiner Frau
Pathe, oder ein Spaziergang in der Mittags-
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Juſtine. Armes Kind!
Thereſe. Das Wort divertiſſement giebt
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