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Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Diese Bosheit, gerade jetzt zu sterben, wo er, wenn er einen einzigen Schluck hätte trinken wollen, lebenslang gesund geworden wäre, machte auf Grimhilde den tiefsten Eindruck. So weit, sagte Grimhilde, habe Agnes es getrieben, daß sie ihr den letzten Menschen, welchen sie gehabt, aufgewiesen und verführt, denn wenn sie nicht gewesen wäre, er hätte getrunken und liefe jetzt herum wie ein Zwanzigjähriger. Jetzt begehre sie auch nicht länger dabei zu sein, sie begehre nur noch Eins zu erleben: daß es nämlich der schlechten Frau gehe wie dem Jürg, daß sie ans Sterben käme, daß sie beide Hände nach solchem Tranke ausstrecke, mit Heulen und Zähneklappern einen wünsche, um einen bitte, dann wolle sie einen brauen, einen noch viel kräftigern, daß das Laub im Walde sich entfärbe darob, dann wolle sie mit dem unter die Thüre kommen; da werde die junge Wüste (das Mensch, würde der moderne Ausdruck der Cultursüßigen sein) erst die eine Hand darnach ausstrecken, dann die andere auch, nach den Händen die Zunge, dann Alles, was sie strecken könne, da unter der Thüre wolle sie stehen bleiben, keinen Schritt thun, nicht vor- nicht rückwärts, bis endlich Alles gestreckt sei, wie sie es ihr schon lange gegönnt; dann wolle sie sich gerne auch legen und strecken, einmal werde es doch sein müssen, sei es gescheidt oder nicht, Einem recht oder nicht. So begehrte die alte Frau, gewesene Gräfin, auf, nahm sich durchaus nicht in Acht, wer es höre, selbst vor dem nicht,

Diese Bosheit, gerade jetzt zu sterben, wo er, wenn er einen einzigen Schluck hätte trinken wollen, lebenslang gesund geworden wäre, machte auf Grimhilde den tiefsten Eindruck. So weit, sagte Grimhilde, habe Agnes es getrieben, daß sie ihr den letzten Menschen, welchen sie gehabt, aufgewiesen und verführt, denn wenn sie nicht gewesen wäre, er hätte getrunken und liefe jetzt herum wie ein Zwanzigjähriger. Jetzt begehre sie auch nicht länger dabei zu sein, sie begehre nur noch Eins zu erleben: daß es nämlich der schlechten Frau gehe wie dem Jürg, daß sie ans Sterben käme, daß sie beide Hände nach solchem Tranke ausstrecke, mit Heulen und Zähneklappern einen wünsche, um einen bitte, dann wolle sie einen brauen, einen noch viel kräftigern, daß das Laub im Walde sich entfärbe darob, dann wolle sie mit dem unter die Thüre kommen; da werde die junge Wüste (das Mensch, würde der moderne Ausdruck der Cultursüßigen sein) erst die eine Hand darnach ausstrecken, dann die andere auch, nach den Händen die Zunge, dann Alles, was sie strecken könne, da unter der Thüre wolle sie stehen bleiben, keinen Schritt thun, nicht vor- nicht rückwärts, bis endlich Alles gestreckt sei, wie sie es ihr schon lange gegönnt; dann wolle sie sich gerne auch legen und strecken, einmal werde es doch sein müssen, sei es gescheidt oder nicht, Einem recht oder nicht. So begehrte die alte Frau, gewesene Gräfin, auf, nahm sich durchaus nicht in Acht, wer es höre, selbst vor dem nicht,

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[0131] Diese Bosheit, gerade jetzt zu sterben, wo er, wenn er einen einzigen Schluck hätte trinken wollen, lebenslang gesund geworden wäre, machte auf Grimhilde den tiefsten Eindruck. So weit, sagte Grimhilde, habe Agnes es getrieben, daß sie ihr den letzten Menschen, welchen sie gehabt, aufgewiesen und verführt, denn wenn sie nicht gewesen wäre, er hätte getrunken und liefe jetzt herum wie ein Zwanzigjähriger. Jetzt begehre sie auch nicht länger dabei zu sein, sie begehre nur noch Eins zu erleben: daß es nämlich der schlechten Frau gehe wie dem Jürg, daß sie ans Sterben käme, daß sie beide Hände nach solchem Tranke ausstrecke, mit Heulen und Zähneklappern einen wünsche, um einen bitte, dann wolle sie einen brauen, einen noch viel kräftigern, daß das Laub im Walde sich entfärbe darob, dann wolle sie mit dem unter die Thüre kommen; da werde die junge Wüste (das Mensch, würde der moderne Ausdruck der Cultursüßigen sein) erst die eine Hand darnach ausstrecken, dann die andere auch, nach den Händen die Zunge, dann Alles, was sie strecken könne, da unter der Thüre wolle sie stehen bleiben, keinen Schritt thun, nicht vor- nicht rückwärts, bis endlich Alles gestreckt sei, wie sie es ihr schon lange gegönnt; dann wolle sie sich gerne auch legen und strecken, einmal werde es doch sein müssen, sei es gescheidt oder nicht, Einem recht oder nicht. So begehrte die alte Frau, gewesene Gräfin, auf, nahm sich durchaus nicht in Acht, wer es höre, selbst vor dem nicht,

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Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910/131>, abgerufen am 24.11.2024.