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Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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umschlägt von einer Uebertreibung in die andere, heute verflucht, was gestern sein Lebensglück geschienen, wie über Nacht einem Menschen ganz andere Augen wachsen können, daß er am Morgen schwarz sieht, was am Abende ihm weiß gewesen, und roth, was er grün gesehen, wie noth es ihm daher thut, daß er Etwas habe, welches festbleibt, an dem er sich halten kann, wenn es wirbeln will im Gemüthe und draußen wechselt die Welt, wie auch der Taucher, welcher Perlen fischt auf des Meeres Grund, festgebunden bleibt und wieder sich nach oben ziehen laßt, wenn unten ihm vergehen wollen Sinn und Gedanken, um frischen Athem zu schöpfen und neue Kraft zu neuem Fischen; oder wie der Mensch einen ewig klaren Spiegel haben muß in der Welt, darin sich täglich zu beschauen, wo ihm dann offenbar wird jeglicher Wandel in seinem Gemüthe, sowohl zum Bessern als zum Schlimmern, und jedes Verhältniß im wahren Lichte. So ward es wieder traulich in Koppigen, und die alte Liebe kam wieder in Kurt und Agnes, sie wußten nicht wie. Wie gesagt, mit besondern Herzensergießungen von Gefühlen über die Vergangenheit und Vorsätzen über die Zukunft gaben weder Kurt noch Agnes sich ab, trugen einander auch gar nichts nach, sondern ließen sich von Herzen wohl sein bei einander. Kurt fühlte zum ersten Male, wie wohl es dem Menschen in seinem eigenen Hause sein könne, die rechte Behaglichkeit nur im eigenen Hause wohne; es schauderte ihn ordentlich, wenn er in

umschlägt von einer Uebertreibung in die andere, heute verflucht, was gestern sein Lebensglück geschienen, wie über Nacht einem Menschen ganz andere Augen wachsen können, daß er am Morgen schwarz sieht, was am Abende ihm weiß gewesen, und roth, was er grün gesehen, wie noth es ihm daher thut, daß er Etwas habe, welches festbleibt, an dem er sich halten kann, wenn es wirbeln will im Gemüthe und draußen wechselt die Welt, wie auch der Taucher, welcher Perlen fischt auf des Meeres Grund, festgebunden bleibt und wieder sich nach oben ziehen laßt, wenn unten ihm vergehen wollen Sinn und Gedanken, um frischen Athem zu schöpfen und neue Kraft zu neuem Fischen; oder wie der Mensch einen ewig klaren Spiegel haben muß in der Welt, darin sich täglich zu beschauen, wo ihm dann offenbar wird jeglicher Wandel in seinem Gemüthe, sowohl zum Bessern als zum Schlimmern, und jedes Verhältniß im wahren Lichte. So ward es wieder traulich in Koppigen, und die alte Liebe kam wieder in Kurt und Agnes, sie wußten nicht wie. Wie gesagt, mit besondern Herzensergießungen von Gefühlen über die Vergangenheit und Vorsätzen über die Zukunft gaben weder Kurt noch Agnes sich ab, trugen einander auch gar nichts nach, sondern ließen sich von Herzen wohl sein bei einander. Kurt fühlte zum ersten Male, wie wohl es dem Menschen in seinem eigenen Hause sein könne, die rechte Behaglichkeit nur im eigenen Hause wohne; es schauderte ihn ordentlich, wenn er in

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[0182] umschlägt von einer Uebertreibung in die andere, heute verflucht, was gestern sein Lebensglück geschienen, wie über Nacht einem Menschen ganz andere Augen wachsen können, daß er am Morgen schwarz sieht, was am Abende ihm weiß gewesen, und roth, was er grün gesehen, wie noth es ihm daher thut, daß er Etwas habe, welches festbleibt, an dem er sich halten kann, wenn es wirbeln will im Gemüthe und draußen wechselt die Welt, wie auch der Taucher, welcher Perlen fischt auf des Meeres Grund, festgebunden bleibt und wieder sich nach oben ziehen laßt, wenn unten ihm vergehen wollen Sinn und Gedanken, um frischen Athem zu schöpfen und neue Kraft zu neuem Fischen; oder wie der Mensch einen ewig klaren Spiegel haben muß in der Welt, darin sich täglich zu beschauen, wo ihm dann offenbar wird jeglicher Wandel in seinem Gemüthe, sowohl zum Bessern als zum Schlimmern, und jedes Verhältniß im wahren Lichte. So ward es wieder traulich in Koppigen, und die alte Liebe kam wieder in Kurt und Agnes, sie wußten nicht wie. Wie gesagt, mit besondern Herzensergießungen von Gefühlen über die Vergangenheit und Vorsätzen über die Zukunft gaben weder Kurt noch Agnes sich ab, trugen einander auch gar nichts nach, sondern ließen sich von Herzen wohl sein bei einander. Kurt fühlte zum ersten Male, wie wohl es dem Menschen in seinem eigenen Hause sein könne, die rechte Behaglichkeit nur im eigenen Hause wohne; es schauderte ihn ordentlich, wenn er in

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Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910/182>, abgerufen am 24.11.2024.