Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

wie wüthend mit Bocken, Beißen, Schlagen; er zeigte viel Gesinnung, weder mit Liebe noch mit Gewalt brachte man ihm eine andere Meinung bei, er hatte seinen Beruf erkannt, er begriff, wo er hin gehöre, da wollte er bleiben lebendig oder todt. Voll Zorn und ohne Rath stand Kurt da; die Knechte lachten, sie riethen auf den wahren Grund und hatten ihre Freude dran. Die Mönche waren gute und verständige Menschen, sie begriffen, daß Kurt nicht den gleichen Beruf zum Kloster hatte wie der Hengst, und es denn doch ein grober Zwang gewesen wäre, wenn man ihm denselben aufgedrungen hätte; sie schenkten ihm einen tüchtigen Klepper, damit er in die Welt hinaus seinem Berufe nachreiten könne. Der Klepper paßte auch besser zu Kurt als der steife Hengst; er war Stall und Kloster satt, trug rasch und gern den Junker ins Freie, und der Junker fand sich alle Tage besser im Sattel zurecht, fand aber keine Abenteuer und leer den Weg. Hie und da stießen ihm Gestalten auf, welche ihm verdächtige Blicke zuwarfen oder scheu huschten über den Weg; er begriff gleich, was sie trieben, ihn gelüstete oft vom Klepper zu springen und mit ihnen zu laufen. Das war doch ganz ein ander Leben im grünen Walde, auf keinen Weg beschränkt, durch kein Gesetz gebunden, ein freies Leben zu führen, als so umher zu traben, hie und da vor einer Burg zu harren, lange umsonst, bis endlich ein graues Gesicht den Bescheid brachte, der Ritter sei nicht zue

wie wüthend mit Bocken, Beißen, Schlagen; er zeigte viel Gesinnung, weder mit Liebe noch mit Gewalt brachte man ihm eine andere Meinung bei, er hatte seinen Beruf erkannt, er begriff, wo er hin gehöre, da wollte er bleiben lebendig oder todt. Voll Zorn und ohne Rath stand Kurt da; die Knechte lachten, sie riethen auf den wahren Grund und hatten ihre Freude dran. Die Mönche waren gute und verständige Menschen, sie begriffen, daß Kurt nicht den gleichen Beruf zum Kloster hatte wie der Hengst, und es denn doch ein grober Zwang gewesen wäre, wenn man ihm denselben aufgedrungen hätte; sie schenkten ihm einen tüchtigen Klepper, damit er in die Welt hinaus seinem Berufe nachreiten könne. Der Klepper paßte auch besser zu Kurt als der steife Hengst; er war Stall und Kloster satt, trug rasch und gern den Junker ins Freie, und der Junker fand sich alle Tage besser im Sattel zurecht, fand aber keine Abenteuer und leer den Weg. Hie und da stießen ihm Gestalten auf, welche ihm verdächtige Blicke zuwarfen oder scheu huschten über den Weg; er begriff gleich, was sie trieben, ihn gelüstete oft vom Klepper zu springen und mit ihnen zu laufen. Das war doch ganz ein ander Leben im grünen Walde, auf keinen Weg beschränkt, durch kein Gesetz gebunden, ein freies Leben zu führen, als so umher zu traben, hie und da vor einer Burg zu harren, lange umsonst, bis endlich ein graues Gesicht den Bescheid brachte, der Ritter sei nicht zue

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="0">
        <p><pb facs="#f0044"/>
wie wüthend mit Bocken, Beißen, Schlagen; er zeigte viel                     Gesinnung, weder mit Liebe noch mit Gewalt brachte man ihm eine andere Meinung                     bei, er hatte seinen Beruf erkannt, er begriff, wo er hin gehöre, da wollte er                     bleiben lebendig oder todt. Voll Zorn und ohne Rath stand Kurt da; die Knechte                     lachten, sie riethen auf den wahren Grund und hatten ihre Freude dran. Die                     Mönche waren gute und verständige Menschen, sie begriffen, daß Kurt nicht den                     gleichen Beruf zum Kloster hatte wie der Hengst, und es denn doch ein grober                     Zwang gewesen wäre, wenn man ihm denselben aufgedrungen hätte; sie schenkten ihm                     einen tüchtigen Klepper, damit er in die Welt hinaus seinem Berufe nachreiten                     könne. Der Klepper paßte auch besser zu Kurt als der steife Hengst; er war Stall                     und Kloster satt, trug rasch und gern den Junker ins Freie, und der Junker fand                     sich alle Tage besser im Sattel zurecht, fand aber keine Abenteuer und leer den                     Weg. Hie und da stießen ihm Gestalten auf, welche ihm verdächtige Blicke                     zuwarfen oder scheu huschten über den Weg; er begriff gleich, was sie trieben,                     ihn gelüstete oft vom Klepper zu springen und mit ihnen zu laufen. Das war doch                     ganz ein ander Leben im grünen Walde, auf keinen Weg beschränkt, durch kein                     Gesetz gebunden, ein freies Leben zu führen, als so umher zu traben, hie und da                     vor einer Burg zu harren, lange umsonst, bis endlich ein graues Gesicht den                     Bescheid brachte, der Ritter sei nicht zue<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0044] wie wüthend mit Bocken, Beißen, Schlagen; er zeigte viel Gesinnung, weder mit Liebe noch mit Gewalt brachte man ihm eine andere Meinung bei, er hatte seinen Beruf erkannt, er begriff, wo er hin gehöre, da wollte er bleiben lebendig oder todt. Voll Zorn und ohne Rath stand Kurt da; die Knechte lachten, sie riethen auf den wahren Grund und hatten ihre Freude dran. Die Mönche waren gute und verständige Menschen, sie begriffen, daß Kurt nicht den gleichen Beruf zum Kloster hatte wie der Hengst, und es denn doch ein grober Zwang gewesen wäre, wenn man ihm denselben aufgedrungen hätte; sie schenkten ihm einen tüchtigen Klepper, damit er in die Welt hinaus seinem Berufe nachreiten könne. Der Klepper paßte auch besser zu Kurt als der steife Hengst; er war Stall und Kloster satt, trug rasch und gern den Junker ins Freie, und der Junker fand sich alle Tage besser im Sattel zurecht, fand aber keine Abenteuer und leer den Weg. Hie und da stießen ihm Gestalten auf, welche ihm verdächtige Blicke zuwarfen oder scheu huschten über den Weg; er begriff gleich, was sie trieben, ihn gelüstete oft vom Klepper zu springen und mit ihnen zu laufen. Das war doch ganz ein ander Leben im grünen Walde, auf keinen Weg beschränkt, durch kein Gesetz gebunden, ein freies Leben zu führen, als so umher zu traben, hie und da vor einer Burg zu harren, lange umsonst, bis endlich ein graues Gesicht den Bescheid brachte, der Ritter sei nicht zue

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T09:57:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T09:57:28Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910/44
Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910/44>, abgerufen am 21.11.2024.