Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Zeit, mit dem Schlimmen jener Zeiten soll er Frieden und Genügen bringen ins alte Herz, welches von Natur weder Frieden noch Genügen hat, welches alle Tage geführt werden muß an den Born der Zufriedenheit, aus welchem die Freude an Gottes Ordnung quillt und der Dank für jede gute Gabe, die kommt aus der gesegneten Hand, welche sich öffnet zur geeigneten Zeit und speiset und tränket Alles, was da lebt, auf geeignete Weise. Vor 600 Jahren war es anders als jetzt im Schweizerlande. Da war es wild nicht bloß in den Bergen, sondern auch im ebenen Lande; gering war der Anbau, gering dessen Ertrag, desto größer war der Wald, desto zahlreicher die Gewässer, von denen man oft nicht wußte, sollte man See oder Sumpf, Bach oder Fluß sie heißen. Viel Wild war in den Wäldern, mächtige Fische in den Gewässern; wer Herr sei im Lande, der Mensch oder das Thier, schien nicht entschieden, denn eben so oft, als der Mensch des Thieres Lager zerstörte, zerstörte das Wild des Menschen Anbau. Düstere Thürme waren zerstreut durchs Land, sie ragten aus den schwarzen Tannen heraus und über sie empor, wie greise Helden aus niederem Volke. Breit wie eine Henne über ihren Küchlein lag hie und da ein Kloster im Thale ruhig und gutmüthig; höher schienen die Bäume, grüner das Gras in seiner Nähe. Heitere Gehöfte, wie sie jetzt blitzen mit ihren hellen Fenstern Stunden weit über das Land herein, sah Zeit, mit dem Schlimmen jener Zeiten soll er Frieden und Genügen bringen ins alte Herz, welches von Natur weder Frieden noch Genügen hat, welches alle Tage geführt werden muß an den Born der Zufriedenheit, aus welchem die Freude an Gottes Ordnung quillt und der Dank für jede gute Gabe, die kommt aus der gesegneten Hand, welche sich öffnet zur geeigneten Zeit und speiset und tränket Alles, was da lebt, auf geeignete Weise. Vor 600 Jahren war es anders als jetzt im Schweizerlande. Da war es wild nicht bloß in den Bergen, sondern auch im ebenen Lande; gering war der Anbau, gering dessen Ertrag, desto größer war der Wald, desto zahlreicher die Gewässer, von denen man oft nicht wußte, sollte man See oder Sumpf, Bach oder Fluß sie heißen. Viel Wild war in den Wäldern, mächtige Fische in den Gewässern; wer Herr sei im Lande, der Mensch oder das Thier, schien nicht entschieden, denn eben so oft, als der Mensch des Thieres Lager zerstörte, zerstörte das Wild des Menschen Anbau. Düstere Thürme waren zerstreut durchs Land, sie ragten aus den schwarzen Tannen heraus und über sie empor, wie greise Helden aus niederem Volke. Breit wie eine Henne über ihren Küchlein lag hie und da ein Kloster im Thale ruhig und gutmüthig; höher schienen die Bäume, grüner das Gras in seiner Nähe. Heitere Gehöfte, wie sie jetzt blitzen mit ihren hellen Fenstern Stunden weit über das Land herein, sah <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="0"> <p><pb facs="#f0009"/> Zeit, mit dem Schlimmen jener Zeiten soll er Frieden und Genügen bringen ins alte Herz, welches von Natur weder Frieden noch Genügen hat, welches alle Tage geführt werden muß an den Born der Zufriedenheit, aus welchem die Freude an Gottes Ordnung quillt und der Dank für jede gute Gabe, die kommt aus der gesegneten Hand, welche sich öffnet zur geeigneten Zeit und speiset und tränket Alles, was da lebt, auf geeignete Weise.</p><lb/> <p>Vor 600 Jahren war es anders als jetzt im Schweizerlande. Da war es wild nicht bloß in den Bergen, sondern auch im ebenen Lande; gering war der Anbau, gering dessen Ertrag, desto größer war der Wald, desto zahlreicher die Gewässer, von denen man oft nicht wußte, sollte man See oder Sumpf, Bach oder Fluß sie heißen. Viel Wild war in den Wäldern, mächtige Fische in den Gewässern; wer Herr sei im Lande, der Mensch oder das Thier, schien nicht entschieden, denn eben so oft, als der Mensch des Thieres Lager zerstörte, zerstörte das Wild des Menschen Anbau. Düstere Thürme waren zerstreut durchs Land, sie ragten aus den schwarzen Tannen heraus und über sie empor, wie greise Helden aus niederem Volke. Breit wie eine Henne über ihren Küchlein lag hie und da ein Kloster im Thale ruhig und gutmüthig; höher schienen die Bäume, grüner das Gras in seiner Nähe. Heitere Gehöfte, wie sie jetzt blitzen mit ihren hellen Fenstern Stunden weit über das Land herein, sah<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0009]
Zeit, mit dem Schlimmen jener Zeiten soll er Frieden und Genügen bringen ins alte Herz, welches von Natur weder Frieden noch Genügen hat, welches alle Tage geführt werden muß an den Born der Zufriedenheit, aus welchem die Freude an Gottes Ordnung quillt und der Dank für jede gute Gabe, die kommt aus der gesegneten Hand, welche sich öffnet zur geeigneten Zeit und speiset und tränket Alles, was da lebt, auf geeignete Weise.
Vor 600 Jahren war es anders als jetzt im Schweizerlande. Da war es wild nicht bloß in den Bergen, sondern auch im ebenen Lande; gering war der Anbau, gering dessen Ertrag, desto größer war der Wald, desto zahlreicher die Gewässer, von denen man oft nicht wußte, sollte man See oder Sumpf, Bach oder Fluß sie heißen. Viel Wild war in den Wäldern, mächtige Fische in den Gewässern; wer Herr sei im Lande, der Mensch oder das Thier, schien nicht entschieden, denn eben so oft, als der Mensch des Thieres Lager zerstörte, zerstörte das Wild des Menschen Anbau. Düstere Thürme waren zerstreut durchs Land, sie ragten aus den schwarzen Tannen heraus und über sie empor, wie greise Helden aus niederem Volke. Breit wie eine Henne über ihren Küchlein lag hie und da ein Kloster im Thale ruhig und gutmüthig; höher schienen die Bäume, grüner das Gras in seiner Nähe. Heitere Gehöfte, wie sie jetzt blitzen mit ihren hellen Fenstern Stunden weit über das Land herein, sah
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-15T09:57:28Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-15T09:57:28Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |