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Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Der Notar in der Falle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–43. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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werde, er zähle fest darauf, es komme nur darauf an, ob er dann annehmen wolle, was man ihm anbiete; jedenfalls wolle er sich besinnen. Ach, welch herrliche Gesinnung und wie selten in unsern Tagen! seufzte Luise. Sie ist häufiger, als man glaubt, sagte der Notar. Ich will nicht sagen, daß ganz so wie ich Viele sind, aber unter den Freisinnigen ist im Allgemeinen eine herrliche Gesinnung und Vaterlandsliebe, und wenn man schon begreift, daß das Vaterland nicht Alle auf einmal belohnen kann, so darf man doch erwarten, daß es nach und nach geschieht und Unwürdige nicht den Würdigen vorgezogen werden. Ach, wie edel! sagte Luise, fast wird das nicht mehr geschehen, wir leben ja in einer so schönen Zeit. Man kann nicht wissen, sagte der Notar, aber es ist nicht Alles, wie es sein sollte; es steht Mancher hoch, er that nicht die Hälfte, was ich, für das Vaterland. Aber ich will nicht klagen, ich bin im Stande mich selbst durchzubringen, was bei Andern nicht der Fall ist, das wird man gedacht haben. Wenn man mich nöthig hat, wird man mich schon finden. Ach, wie bescheiden, sagte Luise, wenn doch Alle so wären! Da standen sie vor der Frau Spendvögtin Häuschen, und ehe der Notar sich noch gebührend über die Freude ausgelassen, Luisens Bekanntschaft gemacht zu haben, und die Hoffnung ausgesprochen, das Vergnügen zu haben, sie fortzusetzen, ließ von hinten die Stimme der Frau Spendvögtin sich hören, welche heftig schalt über das späte Nachhausekommen. Luise erschrak, der Abschied verwirrte sich, die lieben Worte blieben ihr im Halse stecken, und ehe sie wußte, wie es geschah, war der Notar verschwunden, und sie stand im Kreuzfeuer des Zornes der Frau Spendvögtin. Die schönsten Tage enden gerne mit einem Gewitter. Das erlebte Luise.

Tage vergehen, aber sie hinterlassen oft Eindrücke, welche nicht bloß nicht vergehen, sondern ein eigenes Leben erhalten, wachsen und, als Frucht, ein neues eigenthümliches Dasein bilden. Luise schwelgte die ersten Tage in der Rückerinnerung.

werde, er zähle fest darauf, es komme nur darauf an, ob er dann annehmen wolle, was man ihm anbiete; jedenfalls wolle er sich besinnen. Ach, welch herrliche Gesinnung und wie selten in unsern Tagen! seufzte Luise. Sie ist häufiger, als man glaubt, sagte der Notar. Ich will nicht sagen, daß ganz so wie ich Viele sind, aber unter den Freisinnigen ist im Allgemeinen eine herrliche Gesinnung und Vaterlandsliebe, und wenn man schon begreift, daß das Vaterland nicht Alle auf einmal belohnen kann, so darf man doch erwarten, daß es nach und nach geschieht und Unwürdige nicht den Würdigen vorgezogen werden. Ach, wie edel! sagte Luise, fast wird das nicht mehr geschehen, wir leben ja in einer so schönen Zeit. Man kann nicht wissen, sagte der Notar, aber es ist nicht Alles, wie es sein sollte; es steht Mancher hoch, er that nicht die Hälfte, was ich, für das Vaterland. Aber ich will nicht klagen, ich bin im Stande mich selbst durchzubringen, was bei Andern nicht der Fall ist, das wird man gedacht haben. Wenn man mich nöthig hat, wird man mich schon finden. Ach, wie bescheiden, sagte Luise, wenn doch Alle so wären! Da standen sie vor der Frau Spendvögtin Häuschen, und ehe der Notar sich noch gebührend über die Freude ausgelassen, Luisens Bekanntschaft gemacht zu haben, und die Hoffnung ausgesprochen, das Vergnügen zu haben, sie fortzusetzen, ließ von hinten die Stimme der Frau Spendvögtin sich hören, welche heftig schalt über das späte Nachhausekommen. Luise erschrak, der Abschied verwirrte sich, die lieben Worte blieben ihr im Halse stecken, und ehe sie wußte, wie es geschah, war der Notar verschwunden, und sie stand im Kreuzfeuer des Zornes der Frau Spendvögtin. Die schönsten Tage enden gerne mit einem Gewitter. Das erlebte Luise.

Tage vergehen, aber sie hinterlassen oft Eindrücke, welche nicht bloß nicht vergehen, sondern ein eigenes Leben erhalten, wachsen und, als Frucht, ein neues eigenthümliches Dasein bilden. Luise schwelgte die ersten Tage in der Rückerinnerung.

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[0026] werde, er zähle fest darauf, es komme nur darauf an, ob er dann annehmen wolle, was man ihm anbiete; jedenfalls wolle er sich besinnen. Ach, welch herrliche Gesinnung und wie selten in unsern Tagen! seufzte Luise. Sie ist häufiger, als man glaubt, sagte der Notar. Ich will nicht sagen, daß ganz so wie ich Viele sind, aber unter den Freisinnigen ist im Allgemeinen eine herrliche Gesinnung und Vaterlandsliebe, und wenn man schon begreift, daß das Vaterland nicht Alle auf einmal belohnen kann, so darf man doch erwarten, daß es nach und nach geschieht und Unwürdige nicht den Würdigen vorgezogen werden. Ach, wie edel! sagte Luise, fast wird das nicht mehr geschehen, wir leben ja in einer so schönen Zeit. Man kann nicht wissen, sagte der Notar, aber es ist nicht Alles, wie es sein sollte; es steht Mancher hoch, er that nicht die Hälfte, was ich, für das Vaterland. Aber ich will nicht klagen, ich bin im Stande mich selbst durchzubringen, was bei Andern nicht der Fall ist, das wird man gedacht haben. Wenn man mich nöthig hat, wird man mich schon finden. Ach, wie bescheiden, sagte Luise, wenn doch Alle so wären! Da standen sie vor der Frau Spendvögtin Häuschen, und ehe der Notar sich noch gebührend über die Freude ausgelassen, Luisens Bekanntschaft gemacht zu haben, und die Hoffnung ausgesprochen, das Vergnügen zu haben, sie fortzusetzen, ließ von hinten die Stimme der Frau Spendvögtin sich hören, welche heftig schalt über das späte Nachhausekommen. Luise erschrak, der Abschied verwirrte sich, die lieben Worte blieben ihr im Halse stecken, und ehe sie wußte, wie es geschah, war der Notar verschwunden, und sie stand im Kreuzfeuer des Zornes der Frau Spendvögtin. Die schönsten Tage enden gerne mit einem Gewitter. Das erlebte Luise. Tage vergehen, aber sie hinterlassen oft Eindrücke, welche nicht bloß nicht vergehen, sondern ein eigenes Leben erhalten, wachsen und, als Frucht, ein neues eigenthümliches Dasein bilden. Luise schwelgte die ersten Tage in der Rückerinnerung.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T09:45:11Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T09:45:11Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Der Notar in der Falle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–43. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_notar_1910/26>, abgerufen am 23.11.2024.