Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842.Mühlen kann man neue bauen, aber Kopf kriegst du "Aber der Müller gab der Frau nicht nach; die "Der Müller war ein mächtiger Mann, sein Rü¬ "Demselben waren zwei Bären in die Heerde ge¬ Mühlen kann man neue bauen, aber Kopf kriegſt du „Aber der Müller gab der Frau nicht nach; die „Der Müller war ein mächtiger Mann, ſein Rü¬ „Demſelben waren zwei Bären in die Heerde ge¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0136" n="126"/> Mühlen kann man neue bauen, aber Kopf kriegſt du<lb/> keinen andern, wenn der Herr den Deinen dir ein¬<lb/> geſchlagen.““</p><lb/> <p>„Aber der Müller gab der Frau nicht nach; die<lb/> Mühle war ihm lieb, und ſeinem Kopfe traute er was;<lb/> die halbe Nacht disputirte ſie mit ihm, er aber wars<lb/> gewohnt, und im Schlafe ſtörte es ihn nicht. Aber<lb/> am Morgen, während ſie noch ſchlief, machte er ſich<lb/> auf, dem Schloſſe zu, und betete in der Kirche von<lb/> Lützelſtüh, die an ſeinem Wege lag, noch zwei Unſer<lb/> Vater; denn zur ſelben Zeit beteten nicht nur die<lb/> Müller noch, ſondern ſogar die Wirthe.</p><lb/> <p>„Der Müller war ein mächtiger Mann, ſein Rü¬<lb/> cken war wie ein Tennthor breit, aber doch wurden<lb/> ihm die Beine ſchwer, als er den Schloßweg aufging.<lb/> So früh er auch war, ſo war doch im Schloſſe oben<lb/> ſchon gewaltiger Lärm; Hunde bellten im Hofe, Pferde<lb/> wieherten, Knechte klirrten mit Waffen und mitten im<lb/> Hofe ſtand demüthig ein Bäuerlein.</p><lb/> <p>„Demſelben waren zwei Bären in die Heerde ge¬<lb/> brochen und ihrer Spur war er nachgegangen, ſie führte<lb/> gerade zur Hölle; ſo heißt noch heut zu Tage ein dunk¬<lb/> ler Waldgrund auf der Egg, zwiſchen Lützelflüh und<lb/> Affoltern. Die Hölle war er umgangen, die Bären<lb/> waren darin, die Rache trieb ihn zum Schloſſe, dem<lb/> Ritter die Bären zu verrathen. Wen nicht was be¬<lb/> ſonders trieb, ging nicht freiwillig zum Schloſſe. Aus<lb/> dem Bette war der Freiherr gefahren, hatte Jagd be¬<lb/> fohlen, befohlen, ſo viel Bäuerlein zuſammen zu trei¬<lb/> ben als möglich; er lechzte nach Bärenſtreit und Bä¬<lb/> renfleiſch, am Bauernfleiſch aber war ihm nichts<lb/> gelegen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [126/0136]
Mühlen kann man neue bauen, aber Kopf kriegſt du
keinen andern, wenn der Herr den Deinen dir ein¬
geſchlagen.““
„Aber der Müller gab der Frau nicht nach; die
Mühle war ihm lieb, und ſeinem Kopfe traute er was;
die halbe Nacht disputirte ſie mit ihm, er aber wars
gewohnt, und im Schlafe ſtörte es ihn nicht. Aber
am Morgen, während ſie noch ſchlief, machte er ſich
auf, dem Schloſſe zu, und betete in der Kirche von
Lützelſtüh, die an ſeinem Wege lag, noch zwei Unſer
Vater; denn zur ſelben Zeit beteten nicht nur die
Müller noch, ſondern ſogar die Wirthe.
„Der Müller war ein mächtiger Mann, ſein Rü¬
cken war wie ein Tennthor breit, aber doch wurden
ihm die Beine ſchwer, als er den Schloßweg aufging.
So früh er auch war, ſo war doch im Schloſſe oben
ſchon gewaltiger Lärm; Hunde bellten im Hofe, Pferde
wieherten, Knechte klirrten mit Waffen und mitten im
Hofe ſtand demüthig ein Bäuerlein.
„Demſelben waren zwei Bären in die Heerde ge¬
brochen und ihrer Spur war er nachgegangen, ſie führte
gerade zur Hölle; ſo heißt noch heut zu Tage ein dunk¬
ler Waldgrund auf der Egg, zwiſchen Lützelflüh und
Affoltern. Die Hölle war er umgangen, die Bären
waren darin, die Rache trieb ihn zum Schloſſe, dem
Ritter die Bären zu verrathen. Wen nicht was be¬
ſonders trieb, ging nicht freiwillig zum Schloſſe. Aus
dem Bette war der Freiherr gefahren, hatte Jagd be¬
fohlen, befohlen, ſo viel Bäuerlein zuſammen zu trei¬
ben als möglich; er lechzte nach Bärenſtreit und Bä¬
renfleiſch, am Bauernfleiſch aber war ihm nichts
gelegen
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