Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842.Aber Manchem fröstelte es den Rücken auf, bis er Da hörte man, daß die ganze Dunst- und Nebel¬ Aber Manchem fröſtelte es den Rücken auf, bis er Da hörte man, daß die ganze Dunſt- und Nebel¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0142" n="132"/> <p>Aber Manchem fröſtelte es den Rücken auf, bis er<lb/> daheim war, den Kopf auf dem Hauptkiſſen hatte.<lb/> Keinem fehlte der Schlaf, aber dem Einen begann ſein<lb/> Bett zu ſchwimmen in der Emme, und Trämel um<lb/> Trämmel fuhr auf ihn ein; ein Anderer ſah die Bäue¬<lb/> rin daher fahren auf ihrem Wägelein und mit dem<lb/> rothen Schnupftuch die Augen wiſchen; ein Dritter<lb/> reckte die Hand nach dem Kirſchenkratten, der über die<lb/> Brücke herein gereicht ward, reckte und reckte, und<lb/> konnte ihn doch nicht erlangen; ein Vierter war auf<lb/> der Bärenjagd; ein Fünfter meinte er ſei der Müller<lb/> und fühlte des Ritters Streitaxt an ſeinem Schädel.<lb/> Aber alle ſchliefen in weichen Betten, keine Schuttſtatt<lb/> war ihr Lager, keinem war ein theuer Haupt verloren<lb/> gegangen, und wem kein Engel an der Haupteten<lb/> wachte, deſſen ſelbſteigene Schuld war es. Rechten<lb/> Bericht, was in den Bergen vorgegangen, vernahm<lb/> man erſt am folgenden Tag.</p><lb/> <p>Da hörte man, daß die ganze Dunſt- und Nebel¬<lb/> maſſe, welche 8 Tage lang im Lande herum gewettert,<lb/> am Samſtag den Zug über die Berge umſonſt verſucht,<lb/> ſich geſammelt hatte in den oberſten Thälern des Em¬<lb/> menthals, dießſeits der Berge, welche das Emmenthal<lb/> ſcheiden vom Oberland. Als ob allen Nebelſchaaren,<lb/> allen Wolkenheeren entboten worden wäre, ſich loszu¬<lb/> reißen aus allen Thälern, von allen Höhen, ſei es<lb/> geweſen. Auf Windesflügeln, in Windesſauſen, ſei<lb/> Heer um Heer gekommen, hätte an der Hohnegg ſich<lb/> gelagert, um über dieſelbe, in grauenvoller Maſſe ge¬<lb/> ballt, durchzubrechen ins Thunerthal, um von dieſem<lb/> lüſternen Städtchen weg ſich den Weg zu bahnen aus<lb/> dem frömmern Lande ins ſinnlichere Land. Von Minute<lb/> zu Minute ſei dichter geworden und grauenvoller der<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [132/0142]
Aber Manchem fröſtelte es den Rücken auf, bis er
daheim war, den Kopf auf dem Hauptkiſſen hatte.
Keinem fehlte der Schlaf, aber dem Einen begann ſein
Bett zu ſchwimmen in der Emme, und Trämel um
Trämmel fuhr auf ihn ein; ein Anderer ſah die Bäue¬
rin daher fahren auf ihrem Wägelein und mit dem
rothen Schnupftuch die Augen wiſchen; ein Dritter
reckte die Hand nach dem Kirſchenkratten, der über die
Brücke herein gereicht ward, reckte und reckte, und
konnte ihn doch nicht erlangen; ein Vierter war auf
der Bärenjagd; ein Fünfter meinte er ſei der Müller
und fühlte des Ritters Streitaxt an ſeinem Schädel.
Aber alle ſchliefen in weichen Betten, keine Schuttſtatt
war ihr Lager, keinem war ein theuer Haupt verloren
gegangen, und wem kein Engel an der Haupteten
wachte, deſſen ſelbſteigene Schuld war es. Rechten
Bericht, was in den Bergen vorgegangen, vernahm
man erſt am folgenden Tag.
Da hörte man, daß die ganze Dunſt- und Nebel¬
maſſe, welche 8 Tage lang im Lande herum gewettert,
am Samſtag den Zug über die Berge umſonſt verſucht,
ſich geſammelt hatte in den oberſten Thälern des Em¬
menthals, dießſeits der Berge, welche das Emmenthal
ſcheiden vom Oberland. Als ob allen Nebelſchaaren,
allen Wolkenheeren entboten worden wäre, ſich loszu¬
reißen aus allen Thälern, von allen Höhen, ſei es
geweſen. Auf Windesflügeln, in Windesſauſen, ſei
Heer um Heer gekommen, hätte an der Hohnegg ſich
gelagert, um über dieſelbe, in grauenvoller Maſſe ge¬
ballt, durchzubrechen ins Thunerthal, um von dieſem
lüſternen Städtchen weg ſich den Weg zu bahnen aus
dem frömmern Lande ins ſinnlichere Land. Von Minute
zu Minute ſei dichter geworden und grauenvoller der
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