Gottschalck, Friedrich: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Halle, 1814.drei ganzer Tage dauerte, des schmählichsten Hungertodes sterben, indem es keiner hervorzukommen wagen durfte. Als man im Anfange des vorigen Jahrhunderts das bleierne Dach von dem Dome nahm, fand man drei Menschengerippe unter den Dachsparren in einer gekrümmten Stellung; wahrscheinlich Unglückliche, welche sich in jenen Tagen hierher geflüchtet hatten. Die große Krone von Metall, welche noch jetzt im Goslar'schen Dom hängt, ist auch noch ein Andenken an diese schreckliche Scene. Der Kaiser verurtheilte nämlich den Abt von Fulda, sie zur Strafe hierher zu schenken. Dieser gestrafte Prälat scheint eigentlich der weniger Schuldige zu seyn, aber der Kaiser war noch ein Kind, den seine Umgebungen nach Willkür lenkten. Den Teufel bei der Sache thätig vorzustellen, hatte die Geistlichkeit wohl ihre Gründe. Sie mochte fühlen, welch' ein Schandflecken es für sie sey, überhaupt einen drei ganzer Tage dauerte, des schmählichsten Hungertodes sterben, indem es keiner hervorzukommen wagen durfte. Als man im Anfange des vorigen Jahrhunderts das bleierne Dach von dem Dome nahm, fand man drei Menschengerippe unter den Dachsparren in einer gekrümmten Stellung; wahrscheinlich Unglückliche, welche sich in jenen Tagen hierher geflüchtet hatten. Die große Krone von Metall, welche noch jetzt im Goslar’schen Dom hängt, ist auch noch ein Andenken an diese schreckliche Scene. Der Kaiser verurtheilte nämlich den Abt von Fulda, sie zur Strafe hierher zu schenken. Dieser gestrafte Prälat scheint eigentlich der weniger Schuldige zu seyn, aber der Kaiser war noch ein Kind, den seine Umgebungen nach Willkür lenkten. Den Teufel bei der Sache thätig vorzustellen, hatte die Geistlichkeit wohl ihre Gründe. Sie mochte fühlen, welch’ ein Schandflecken es für sie sey, überhaupt einen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0277" n="238"/> drei ganzer Tage dauerte, des schmählichsten Hungertodes sterben, indem es keiner hervorzukommen wagen durfte. Als man im Anfange des vorigen Jahrhunderts das bleierne Dach von dem Dome nahm, fand man drei Menschengerippe unter den Dachsparren in einer gekrümmten Stellung; wahrscheinlich Unglückliche, welche sich in jenen Tagen hierher geflüchtet hatten. Die große Krone von Metall, welche noch jetzt im Goslar’schen Dom hängt, ist auch noch ein Andenken an diese schreckliche Scene. Der Kaiser verurtheilte nämlich den Abt von Fulda, sie zur Strafe hierher zu schenken. Dieser gestrafte Prälat scheint eigentlich der weniger Schuldige zu seyn, aber der Kaiser war noch ein Kind, den seine Umgebungen nach Willkür lenkten. Den Teufel bei der Sache thätig vorzustellen, hatte die Geistlichkeit wohl ihre Gründe. Sie mochte fühlen, welch’ ein Schandflecken es für sie sey, überhaupt einen </p> </div> </body> </text> </TEI> [238/0277]
drei ganzer Tage dauerte, des schmählichsten Hungertodes sterben, indem es keiner hervorzukommen wagen durfte. Als man im Anfange des vorigen Jahrhunderts das bleierne Dach von dem Dome nahm, fand man drei Menschengerippe unter den Dachsparren in einer gekrümmten Stellung; wahrscheinlich Unglückliche, welche sich in jenen Tagen hierher geflüchtet hatten. Die große Krone von Metall, welche noch jetzt im Goslar’schen Dom hängt, ist auch noch ein Andenken an diese schreckliche Scene. Der Kaiser verurtheilte nämlich den Abt von Fulda, sie zur Strafe hierher zu schenken. Dieser gestrafte Prälat scheint eigentlich der weniger Schuldige zu seyn, aber der Kaiser war noch ein Kind, den seine Umgebungen nach Willkür lenkten. Den Teufel bei der Sache thätig vorzustellen, hatte die Geistlichkeit wohl ihre Gründe. Sie mochte fühlen, welch’ ein Schandflecken es für sie sey, überhaupt einen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-26T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-26T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |